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Die Berichte über systematische Hinrichtungen ukrainischer Kriegsgefangener durch russische Streitkräfte im Kontext des Ukraine-Kriegs sind äußerst besorgniserregend und werfen schwerwiegende Vorwürfe von Kriegsverbrechen auf. Verschiedene Quellen, darunter ukrainische Behörden, internationale Menschenrechtsorganisationen und unabhängige Berichte, deuten darauf hin, dass solche Taten nicht nur Einzelfälle sind, sondern systematisch und in Verletzung des Völkerrechts stattfinden.
Der ukrainische Geheimdienst SBU hat einen russischen Soldaten der 40. Separaten Marineinfanterie-Brigade identifiziert, der im Januar 2025 in der Region Kursk für die Hinrichtung von zwei ukrainischen Kriegsgefangenen verantwortlich sein soll. Das ISW berichtet, dass es zunehmend glaubwürdige Berichte und Fotomaterial über solche Hinrichtungen gibt, was darauf hindeutet, dass russische Militärkommandeure entweder aktiv an systematischen Hinrichtungen beteiligt sind oder diese durch ihre Untergebenen ermöglichen. Der militärische Nachrichtendienst der Ukraine (HUR) hat über 150 Fälle dokumentiert, in denen ukrainische Soldaten nach ihrer Kapitulation hingerichtet wurden.
Die Menschenrechtsbeobachtungsmission der Vereinten Nationen (UN) hat zwischen August 2024 und Februar 2025 79 Hinrichtungen in 24 separaten Fällen dokumentiert. Russische Deserteure berichteten vor einer UN-Kommission, dass sie direkte Befehle erhielten, keine Gefangenen zu machen, sondern diese sofort zu töten. Ein Deserteur zitierte einen stellvertretenden Brigadekommandeur mit den Worten: „Gefangene werden nicht gebraucht, erschießt sie auf der Stelle.“ Diese Aussagen untermauern die Vermutung, dass solche Taten Teil einer systematischen Praxis sind.
Ein Bericht des US-Senders CNN beschreibt einen abgefangenen Funkspruch der russischen Armee, in dem der Befehl gegeben wurde: „Nehmt den Kommandanten gefangen und tötet die anderen.“ Dieser Vorfall, dokumentiert von ukrainischen Beamten, deutet darauf hin, dass russische Vorgesetzte gezielt anordnen, sich ergebende ukrainische Soldaten zu exekutieren, was einen klaren Verstoß gegen die Genfer Konventionen darstellt.
Human Rights Watch (HRW) berichtet, dass russische Streitkräfte seit Dezember 2023 mindestens 15 ukrainische Soldaten hingerichtet haben, die sich ergeben wollten, sowie möglicherweise sechs weitere, die bereits kapituliert hatten. Ein besonders schockierender Fall vom Februar 2024 zeigt ein Video, in dem russische Soldaten drei unbewaffnete ukrainische Soldaten hinrichten. Diese Vorfälle wurden als Kriegsverbrechen eingestuft, da das Völkerrecht die Tötung von Kriegsgefangenen oder sich ergebenden Soldaten strikt verbietet.
Einzelbeispiele und Drohnenaufnahmen
Ein verifiziertes Drohnen-Video vom März 2025, veröffentlicht vom ukrainischen Menschenrechtsbeauftragten Dmytro Lubinez, zeigt die Hinrichtung von vier ukrainischen Soldaten in der Nähe des Dorfes Pjatychatky, obwohl diese sich ergeben hatten. Solche visuellen Beweise untermauern die systematische Natur der Verbrechen. In einem weiteren Fall wurde ein ukrainischer Kriegsgefangener mit gefesselten Händen und einem Schwert hingerichtet, was ebenfalls als eklatanter Verstoß gegen die Genfer Konventionen gewertet wird.
Kontext der Genfer Konventionen
Die Genfer Konventionen, insbesondere die Dritte Konvention, legen fest, dass Kriegsgefangene human behandelt werden müssen. Dazu gehören Schutz vor Mord, Folter, Misshandlung, angemessene Unterbringung, medizinische Versorgung und Zugang zu internationalen Organisationen wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Russland hat diese Konventionen unterzeichnet, verstößt jedoch durch die dokumentierten Taten systematisch gegen diese Verpflichtungen. Artikel 3 der Konventionen verbietet ausdrücklich „Angriffe auf Leib und Leben“ gegen Personen, die die Waffen gestreckt haben, sowie Hinrichtungen ohne ordentliches Gerichtsverfahren.
Systematische Folter und Misshandlung
Neben Hinrichtungen gibt es zahlreiche Berichte über systematische Folter und Misshandlung ukrainischer Kriegsgefangener. Ein Bericht vom März 2025 dokumentiert, dass ukrainische Kriegsgefangene und Zivilisten in russischer Haft gefoltert, isoliert und ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden. Diese Praxis zielt darauf ab, die Gefangenen zu entmenschlichen und ihre Familien in Ungewissheit zu lassen. Folter umfasst Schläge, Elektroschocks, sexuelle Gewalt, Schlafentzug und Scheinhinrichtungen. Laut einem UN-Bericht von 2024 werden 95 % der ukrainischen Kriegsgefangenen systematisch gefoltert. Autopsien von überstellten Leichen zeigen oft Herzversagen als Todesursache, was bei jungen Soldaten ein Indiz für Folter ist.
Ehemalige Kriegsgefangene wie Oleksii Honcharov und Volodymyr Shevchenko berichten von brutalen Misshandlungen, einschließlich Elektroschocks und Schlägen, die oft ohne Zweck zur Demütigung erfolgen. Neun von zehn ukrainischen Kriegsgefangenen berichten von physischer und psychischer Gewalt, illegalen Urteilen und Hinrichtungen.
Berichte zeigen, dass russische Kräfte versuchen, ukrainische Kriegsgefangene zu manipulieren. Laut Volodymyr Labuzov, einem ehemaligen Kriegsgefangenen, wurden Gefangenen Angebote gemacht, die Seiten zu wechseln und „gemeinsam Europa zu erobern“. Solche Angebote sind Teil einer psychologischen Kriegsführung, die darauf abzielt, die Moral der Gefangenen zu brechen. Gleichzeitig wird den Gefangenen oft gesagt, die Ukraine existiere nicht mehr oder habe sie vergessen, um sie weiter zu entmutigen.Kiew plant, Russland juristisch für die Kriegsverbrechen zur Rechenschaft zu ziehen. Autopsien und Zeugenaussagen werden gesammelt, um Beweise für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) vorzulegen.
Beide Organisationen fordern, dass Russland die systematischen Menschenrechtsverletzungen stoppt, den IKRK Zugang zu Gefangenen gewährt und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden.
Es gibt Aufrufe, Sanktionen gegen Russland zu verschärfen und Mechanismen wie die universelle Gerichtsbarkeit zu nutzen, um die Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat nur eingeschränkten Zugang zu ukrainischen Kriegsgefangenen in Russland, was die Überprüfung von Haftbedingungen und die Unterstützung der Gefangenen erschwert.
Viele Berichte basieren auf ukrainischen Quellen oder Videos, die schwer unabhängig zu verifizieren sind. Dennoch untermauern die Fülle der Beweise und Zeugenaussagen die Glaubwürdigkeit der Vorwürfe.
Russland beschuldigt die Ukraine ebenfalls der Misshandlung von Kriegsgefangenen, etwa in einem Fall von 2022, in dem russische Soldaten angeblich hingerichtet wurden. Diese gegenseitigen Vorwürfe erschweren die objektive Untersuchung.
Die Hinweise auf systematische Hinrichtungen und Folter ukrainischer Kriegsgefangener durch russische Streitkräfte sind durch zahlreiche Quellen gut dokumentiert. Diese Taten stellen eklatante Verstöße gegen die Genfer Konventionen und das Völkerrecht dar und werden von Menschenrechtsorganisationen als Kriegsverbrechen eingestuft. Die internationale Gemeinschaft steht vor der Herausforderung, Russland zur Rechenschaft zu ziehen und weitere Verbrechen zu verhindern. Die Beweise, darunter Zeugenaussagen, Videos und Funksprüche, zeichnen ein düsteres Bild einer gezielten, unmenschlichen Politik, die die Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts missachtet.
