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Bild des Tages: An der Shell, Sommer 1973

Titelbild:kasaan media,2025 Shell, Raisting, Bayern
Es ist Sommer 1973, ein warmer Tag irgendwo in Westdeutschland. Die Shell-Tankstelle an der Ecke ist ein pulsierender Treffpunkt, ein Mikrokosmos der Zeit. Die Luft riecht nach Benzin, warmem Asphalt und einer Prise Zigarettenrauch, während die Sonne auf die bunten Shell-Schilder scheint, die mit ihrem gelb-roten Logo weithin sichtbar sind. Es ist eine Ära des Wirtschaftswunders, aber auch der beginnenden Unsicherheit – die Ölkrise lauert bereits am Horizont, auch wenn sie erst im Herbst 1973 die Welt erschüttern wird.


Die Tankstelle ist mehr als nur ein Ort, um den Tank zu füllen. Sie ist ein sozialer Knotenpunkt. Autos wie der VW Käfer, der Opel Kadett oder der Ford Taunus stehen in einer Schlange vor den Zapfsäulen. Die Fahrzeuge sind bunt, oft in Orange, Braun oder Olivgrün lackiert – typisch für die Ästhetik der frühen 70er. Manche haben noch Chromleisten, die in der Sonne blitzen. Die Zapfsäulen selbst sind mechanisch, mit klackernden Zählwerken, die die Liter und die Preise in D-Mark anzeigen. Superbenzin kostet etwa 0,70 bis 0,80 DM pro Liter, ein Preis, der für die damalige Zeit als akzeptabel gilt, auch wenn er in den letzten Jahren gestiegen ist.


An der Tankstelle arbeiten Tankwarte, meist junge Männer in Shell-Uniformen – weiße Hemden mit aufgenähten Logos, manchmal mit einer Schirmmütze. Sie füllen nicht nur den Tank, sondern prüfen auf Wunsch den Ölstand, reinigen die Windschutzscheibe mit einem feuchten Lappen und plaudern mit den Kunden. Selbstbedienung ist noch selten; der Service ist persönlich und eingespielt. „Volltanken, bitte!“ ist der Standardspruch, oft gefolgt von einem kurzen Austausch über das Wetter oder die neuesten Nachrichten.


Aus einem Transistorradio in der Tankstellenkasse dudelt Schlager- oder Rockmusik – vielleicht „Grüß mir die Sonne“ von Quadro oder ein Hit von ABBA, die gerade ihren Durchbruch feiern. Die Kunden sind eine bunte Mischung. Familienväter auf dem Weg zur Arbeit, junge Leute in Schlaghosen und mit langen Haaren, die mit ihrem Auto angeben, oder ältere Herren, die in ihrem Mercedes 200 D gemächlich vorfahren. Rauchen an der Tankstelle ist noch nicht ungewöhnlich – ein Mann mit Hornbrille und Schnurrbart lehnt lässig an seinem Wagen, eine HB im Mundwinkel, während der Tankwart den Schlauch anschließt.
Neben den Zapfsäulen steht ein kleiner Kiosk, der zur Tankstelle gehört. Hier gibt es nicht nur Zigaretten und Kaugummis, sondern auch Autozeitschriften wie „Auto, Motor und Sport“, Illustrierte wie „Stern“ oder „Bunte“ und vielleicht ein paar Süßigkeiten wie Hanuta oder Duplo.


Für Kinder, die mit ihren Eltern unterwegs sind, ist der Kiosk ein Highlight – vielleicht gibt’s eine kleine Cola in der Glasflasche oder ein Eis am Stiel
1973 ist ein Jahr des Übergangs. Die Bundesrepublik erlebt noch die Nachwehen des Wirtschaftswunders, aber die ersten Risse sind spürbar. Die Inflation steigt, und die Preise für Benzin sind ein ständiges Gesprächsthema. „Früher war’s billiger“, murrt ein älterer Fahrer, während er dem Tankwart ein paar Münzen reicht. Gleichzeitig ist die Stimmung optimistisch. Die Bundesrepublik ist modern, die Menschen sind mobil, und das Auto ist ein Symbol für Freiheit und Wohlstand. Urlaubsreisen nach Italien oder an die Nordsee sind in greifbarer Nähe, und die Tankstelle ist der erste Stopp auf dem Weg in die Ferien.


Politisch ist die Welt unruhig. Die Nachrichten berichten von der Watergate-Affäre in den USA, dem Vietnamkrieg und Spannungen im Nahen Osten, die bald die Ölkrise auslösen werden. Doch an der Tankstelle ist das noch ferne Zukunft. Hier dreht sich das Gespräch eher um den neuen BMW 2002 Turbo, der gerade für Furore sorgt, oder um das Fußballspiel am Wochenende – Bayern München ist auf dem Weg zur Dominanz in der Bundesliga.Ja, Sommer 1973.
Die Technik an der Tankstelle ist noch weit entfernt von den digitalen Displays der Zukunft. Die Zapfsäulen sind robuste, mechanische Geräte, und die Abrechnung erfolgt oft handschriftlich oder mit einer simplen Registrierkasse. Manche Tankstellen bieten bereits erste Zusatzservices wie eine Waschanlage oder eine kleine Werkstatt für einfache Reparaturen – Reifen flicken, Öl wechseln, Zündkerzen prüfen. Shell ist eine der großen Marken, und ihre Werbung ist omnipräsent. Plakate preisen die Qualität von Shell Super oder die neuen V-Power-Additive, die „mehr Leistung“ versprechen.
Die Kundschaft ist geduldig, die Abläufe sind gemächlich. Niemand hat es besonders eilig, und die Tankstelle ist ein Ort, an dem man sich Zeit nimmt. Vielleicht plaudert man mit dem Tankwart über die neuesten Auto-Modelle oder die Frage, ob die Spritpreise weiter steigen werden. Die Ölkrise, die im Oktober 1973 mit dem Jom-Kippur-Krieg und dem Ölembargo der OPEC-Länder die Welt verändern wird, ist noch kein Thema. Doch in ein paar Monaten werden die Schlangen an den Tankstellen länger werden, und es wird von autofreien Sonntagen die Rede sein.
Die Shell-Tankstelle ist 1973 mehr als ein Funktionsort.


Sie ist ein Treffpunkt, an dem sich die Gesellschaft spiegelt. Von Jungen, der den VW Variant seines Vaters auffüllt.
Vom Arbeiter, der seinen alten Opel Kadett betankt, bis zum Jungunternehmer, der stolz seinen Porsche 911 vorfährt. Es ist ein Ort, an dem Geschichten erzählt werden, Neuigkeiten ausgetauscht und der Fortschritt spürbar ist. Gleichzeitig ist es ein letzter Hauch der alten Gemütlichkeit, bevor die Ölkrise und die Modernisierung der 70er und 80er Jahre die Welt verändern.


Ein Sommernachmittag an der Shell-Tankstelle 1973 ist ein Moment der Ruhe und des Alltags, eingebettet in eine Zeit des Wandels – ein Schnappschuss einer Ära, die bald von neuen Herausforderungen überholt wird.

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