Titelbild: Krupp Titan, C-C-Baxter, Lizenz 3.0Der Krupp Titan war ein Meilenstein in der Geschichte der deutschen Nutzfahrzeugproduktion und verkörperte in den frühen 1950er-Jahren die Ingenieurskunst und den Innovationsgeist der Fried. Krupp Motoren- und Kraftwagenfabriken. Dieses imposante Schwerlastfahrzeug wurde von 1950 bis 1954 produziert, zunächst in Nürnberg und ab Oktober 1950, nach der Rückverlagerung der Produktion, in Essen.
Insgesamt verließen in dieser Zeit lediglich 976 Fahrzeuge die Werkshallen, was den Titan zu einem seltenen und heute unter Sammlern hochgeschätzten Klassiker macht. Ursprünglich als Südwerke Titan vermarktet, trug er ab 1951 den Namen Krupp-Südwerke Titan, während die Zugmaschine auf Titan-Basis als S 80 bekannt wurde. Der Titan war nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern auch ein Symbol für die Wiederbelebung der deutschen Industrie im Wirtschaftswunder.
Die Geschichte des Krupp Titan ist eng mit den Nachkriegsjahren und den Herausforderungen der deutschen Industrie verknüpft. Nachdem die Essener Kruppwerke 1943 durch einen Fliegerangriff schwer zerstört worden waren, wurde die Lkw-Produktion zunächst ins Elsass und 1944 auf Anordnung des Naziregimes nach Franken verlagert.
Die Fertigung verteilte sich auf die Standorte Kulmbach, Bamberg und Nürnberg, wobei die Endmontage in Nürnberg stattfand. Unter dem Markennamen „Südwerke“ begann die Produktion des Titan 1950 in Nürnberg, doch schon bald kehrte Krupp zurück nach Essen, um dort die Fertigung fortzusetzen. Diese Umzüge spiegeln die schwierigen Bedingungen wider, unter denen die deutsche Industrie nach dem Zweiten Weltkrieg operierte, geprägt von Wiederaufbau und strengen Auflagen der Alliierten.
Das Herzstück des Krupp Titan war sein Motor, der Krupp SW 6, ein wassergekühlter Sechszylinder-Zweitakt-Dieselmotor mit Direkteinspritzung und Roots-Spülgebläse. Aufgrund der Restriktionen des Alliierten Kontrollrats, die deutschen Herstellern die Produktion von Dieselmotoren mit mehr als 150 PS untersagten, entwickelte Krupp eine kreative Lösung: Der Motor bestand aus zwei Dreizylinder-Reihenmotorblöcken des Typs SW 3, die über eine gemeinsame, geschmiedete und achtfach gelagerte Kurbelwelle miteinander verbunden waren. Die Motorblöcke, Kurbelgehäuse und Zylinderblöcke waren aus robustem Gusseisen gefertigt, während der Zylinderkopf aus Leichtmetall mit einer Metall-Asbestdichtung bestand. Der Motor verfügte über auswechselbare nasse Laufbuchsen, und die Graugusskolben von Mahle, ausgestattet mit vier Kompressionsringen und zwei Ölabstreifringen, übertrugen die Kraft über gleitgelagerte Doppel-T-Pleuel auf die Kurbelwelle.
Mit einem Hubraum von 8.724 cm³, einer Zylinderbohrung von 115 mm und einem Kolbenhub von 140 mm lieferte der Motor zunächst 190 PS (140 kW) und ab 1951 sogar 210 PS (154 kW). Dies machte den Titan zum leistungsstärksten deutschen Lkw seiner Zeit. Das charakteristische „Kropp-kropp-kropp“-Geräusch des Motors im Leerlauf brachte ihm den Ruf ein, der einzige Lastwagen zu sein, der seinen Namen „sagen“ konnte – eine Anekdote, die unter Fernfahrern bis heute legendär ist.
Das Fahrzeug selbst war für die damalige Zeit ein technisches und optisches Meisterwerk. Die langhaubige Konstruktion, inspiriert von zeitgenössischen Designs wie dem Opel Kapitän, verlieh dem Titan eine markante Erscheinung. Mit einer Länge von rund zehn Metern und einer Höhe von etwa drei Metern war er ein echter Koloss auf Rädern. Sein Fahrgestell wurde speziell für schwere Einsätze entwickelt, und die optionale Motorbremse – eine Drosselklappe im Auspuff – verbesserte die Bremsleistung erheblich, was für den Fernverkehr von großer Bedeutung war. Der Titan war für den schweren Hängerbetrieb ausgelegt, etwa als Sattelzugmaschine oder für Sondertransporte, und fand auch bei der Royal Air Force Verwendung, die ihn für spezielle Aufgaben wie den Transport auf Flugplätzen einsetzte. Seine Vielseitigkeit zeigte sich in verschiedenen Aufbauten.
Trotz seiner beeindruckenden Leistungsfähigkeit und technischen Raffinesse war der Krupp Titan ein teures Fahrzeug, was seine Produktion auf eine exklusive Klientel beschränkte. Er wurde hauptsächlich für spezialisierte Langstreckeneinsätze genutzt, etwa für Schwertransporte, und war aufgrund seines hohen Preises – vergleichbar mit zehn VW Käfer oder zweieinhalb Mercedes 300 – kein Fahrzeug für den alltäglichen Verteilerverkehr. Dennoch fand er in speziellen Anwendungen, etwa als Tankwagen oder Kipper, Verwendung, auch wenn einige Quellen bezweifeln, dass Modelle wie der Krupp Titan Tankwagen in der Realität existierten.
In der Modellbauszene erfreut sich der Titan großer Beliebtheit, und detailgetreue Nachbauten, etwa von Revell oder Road Kings, spiegeln die Faszination wider, die dieses Fahrzeug bis heute ausübt. Besonders bemerkenswert sind Umbauten wie der Dreiachser, die vor allem in den Niederlanden vorkamen, sowie kreative Modellbau-Projekte, die den Titan mit verschiedenen Aufbauten, etwa als Kesselwagen, darstellen.
Der Krupp Titan war mehr als nur ein Lastkraftwagen; er war ein Symbol für die ingenieurtechnische Pionierarbeit und den Wiederaufstieg der deutschen Industrie nach dem Krieg. Mit seiner beeindruckenden Leistung, seinem charakteristischen Design und seinem unverwechselbaren Motorengeräusch bleibt er eine Legende der Automobilgeschichte, die in Büchern, Modellen und Ausstellungen weiterlebt.
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