Titelbild Lumumba 1960 Pot Lizenz 4.0
Patrice Émery Lumumba als Élias Okit’Asombo im Dorf Onalua in der Provinz Sankuru des damaligen Belgisch-Kongo, war eine zentrale Figur in der Unabhängigkeitsbewegung des Kongo und der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident der Demokratischen Republik Kongo.
Er war einer tapfersten Kämpfer für die Demokratie in Afrika.
Er ist heute noch ein leuchtendes Vorbild und sicherlich das Opfer eines heimtückischen Mordes.
Sein Leben, geprägt von intellektueller Neugier, charismatischer Führung und einem unermüdlichen Kampf gegen Kolonialismus, endete tragisch mit seiner Ermordung am 17. Januar 1961 in der Provinz Katanga. Lumumbas kurze, aber intensive politische Karriere und sein Vermächtnis als Symbol des antikolonialen Widerstands und des Panafrikanismus machen ihn zu einer der bedeutendsten Figuren der afrikanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Lumumba wuchs in bescheidenen Verhältnissen in einer katholischen Familie der Batetela-Ethnie auf, einer kleineren Volksgruppe im zentralen Kongo. Trotz der begrenzten Bildungsmöglichkeiten unter der belgischen Kolonialherrschaft, die hauptsächlich missionarische Schulen mit rudimentärem Unterricht für die einheimische Bevölkerung vorsah, zeigte Lumumba früh außergewöhnliche intellektuelle Fähigkeiten. Er besuchte zunächst eine katholische Missionsschule und später eine protestantische Schule, die von schwedischen Missionaren betrieben wurde. Seine akademischen Leistungen waren beeindruckend, doch die kolonialen Strukturen verhinderten eine weiterführende formale Ausbildung. Stattdessen bildete er sich autodidaktisch weiter, vertieft in Geschichtsbücher und politische Schriften, und entwickelte ein starkes Bewusstsein für die Ungerechtigkeiten des Kolonialsystems.
In den 1940er Jahren zog Lumumba nach Stanleyville (heute Kisangani), wo er als Postbeamter arbeitete und in den Kreis der sogenannten „évolués“ aufgenommen wurde – eine kleine Gruppe gebildeter Kongolesen, die gewisse Privilegien genossen, aber dennoch unter der diskriminierenden Kolonialordnung standen.
Hier begann er, sich gewerkschaftlich zu engagieren und schrieb für liberale Zeitungen, in denen er die ungleiche Behandlung der einheimischen Bevölkerung kritisierte. 1956 geriet er in Konflikt mit den Kolonialbehörden, als er wegen angeblicher Veruntreuung von Postgeldern zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Diese Inhaftierung, die er als ungerecht empfand, radikalisierte ihn weiter und bestärkte ihn in seinem Entschluss, gegen die koloniale Unterdrückung zu kämpfen.
Nach seiner vorzeitigen Entlassung aus der Haft nahm Lumumba seine politischen Aktivitäten wieder auf und wurde 1957 Direktor für den Vertrieb einer Brauerei in Léopoldville (heute Kinshasa). Seine charismatische Ausstrahlung und seine Fähigkeiten als Redner machten ihn schnell zu einer bekannten Figur. 1958 gründete er zusammen mit Cyrille Adoula das Mouvement National Congolais (MNC), eine Partei, die sich im Gegensatz zu anderen regional oder ethnisch geprägten Bewegungen für einen geeinten, säkularen und unabhängigen Kongo einsetzte. Im selben Jahr nahm Lumumba an der All-African Peoples’ Conference in Accra, Ghana, teil, wo er mit einflussreichen Persönlichkeiten wie Kwame Nkrumah und Frantz Fanon zusammentraf. Diese Begegnungen festigten seine panafrikanischen Überzeugungen und seinen Glauben an die Notwendigkeit einer vollständigen Befreiung Afrikas von kolonialer Herrschaft.
Die politische Landschaft im Kongo veränderte sich rapide Ende der 1950er Jahre, als die belgische Kolonialverwaltung aufgrund wachsender Unruhen und internationalen Drucks gezwungen war, Reformen einzuleiten. Lumumbas kompromisslose Haltung gegen den Kolonialismus führte 1959 erneut zu seiner Verhaftung, diesmal wegen angeblicher Anstiftung zu Unruhen. Doch die wachsende Unterstützung für seine Bewegung zwang die Belgier, ihn freizulassen, damit er an der entscheidenden Brüsseler Rundtischkonferenz im Januar 1960 teilnehmen konnte. Dort setzte sich Lumumba für eine sofortige Unabhängigkeit ein, und überraschend stimmte Belgien zu, den 30. Juni 1960 als Datum für die Unabhängigkeit des Kongo festzulegen. Bei den landesweiten Wahlen im Mai 1960 errang das MNC unter Lumumbas Führung einen überwältigenden Sieg, und er wurde am 24. Juni 1960 zum ersten Ministerpräsidenten des unabhängigen Kongo ernannt, während Joseph Kasavubu Präsident wurde.
Lumumbas Amtszeit war jedoch von Anfang an von Krisen überschattet, die als „Kongokrise“ in die Geschichte eingingen. Kurz nach der Unabhängigkeit revoltierte die Armee, und die mineralreiche Provinz Katanga erklärte unter der Führung von Moïse Tshombé und mit Unterstützung Belgiens ihre Sezession. Lumumba suchte zunächst Hilfe bei den Vereinten Nationen, doch deren Friedenstruppen griffen nicht aktiv in Katanga ein, was ihn zutiefst enttäuschte. In seiner Verzweiflung wandte er sich an die Sowjetunion um militärische Unterstützung, ein Schritt, der im Kontext des Kalten Krieges in den westlichen Hauptstädten für Alarm sorgte. Diese Annäherung an den
den Ostblock wurde von den USA, Belgien und anderen westlichen Mächten als Bedrohung wahrgenommen, die ihre wirtschaftlichen Interessen im rohstoffreichen Kongo gefährden könnte.
Am 5. September 1960 entließ Präsident Kasavubu Lumumba aus dem Amt, was zu einem Machtkampf führte. Lumumba weigerte sich, dies zu akzeptieren, und erklärte Kasavubu für abgesetzt. Am 14. September putschte Oberst Joseph Mobutu, unterstützt von westlichen Mächten, und stellte Lumumba unter Hausarrest. Lumumba gelang die Flucht, wurde jedoch Anfang Dezember 1960 von Mobutus Truppen gefasst und nach Thysville gebracht. Im Januar 1961 wurde er an die katangischen Behörden übergeben, die ihn zusammen mit seinen Gefolgsleuten Joseph Okito und Maurice Mpolo am 17. Januar 1961 folterten und erschossen. Um die Tat zu vertuschen, wurden die Leichen exhumiert, zerteilt und in Schwefelsäure aufgelöst, wobei nur eine von Lumumbas Zähnen erhalten blieb, die 2022 seiner Familie übergeben wurde.
Lumumbas Ermordung, an der belgische und amerikanische Geheimdienste beteiligt waren, machte ihn zu einem Märtyrer der afrikanischen Unabhängigkeitsbewegung. Seine kompromisslose Haltung gegen den Kolonialismus und seine Vision eines vereinten, freien Afrikas inspirierten Generationen von Freiheitskämpfern. Sein Name wurde weltweit zum Symbol für den antikolonialen Widerstand, und in der Demokratischen Republik Kongo gilt er als nationaler Held. Kulturelle Werke, wie Aimé Césaires Theaterstück „Une saison au Congo“ oder Raoul Pecks Filme, huldigen seinem Erbe, während Denkmäler und Straßen in vielen Ländern seinen Namen tragen. Lumumbas tragisches Schicksal und sein unerschütterlicher Einsatz für die Souveränität seines Landes bleiben ein Mahnmal für die Herausforderungen der Dekolonisierung und die Einmischung ausländischer Mächte in die afrikanische Politik.
