Titelbild:Beispielbild Pixabay
In den schattigen Gassen und auf den sonnendurchfluteten Plätzen der Hauptstadt Antananarivo, wo der Duft von Gewürzen und das ferne Rauschen des Indischen Ozeans die Luft durchdringen, hat sich Madagaskar in den vergangenen Wochen in ein brodelndes Kessel politischer und sozialer Unruhen verwandelt, ein Land, das wie ein uralter Baum unter dem Gewicht seiner eigenen Wurzeln zu ächzen scheint. Die Inselnation, diese einzigartige Biosphäre vor der Ostküste Afrikas, wo Lemuren durch die Regenwälder huschen und die Erde von unerschöpflichen Rohstoffen geprägt ist, rang seit dem 25. September 2025 mit einer Welle von Protesten, die von der Generation Z angeführt wurden – jungen Menschen, die in der digitalen Welt aufgewachsen sind, mit Smartphones in den Händen und einer Ungeduld im Herzen, die keine Ausreden mehr duldet. Was als friedliche Kundgebungen gegen den chronischen Strom- und Wassermangel begann, der Haushalte tagelang in Dunkelheit und Durst tauchte, schwoll rasch an zu einem ohrenbetäubenden Schrei gegen die tieferen Wunden der Gesellschaft: eine Armut, die über achtzig Prozent der rund dreißig Millionen Einwohner in den Fängen hält, wo ein Tagessatz von weniger als drei Euro die Grenze zwischen Überleben und Verzweiflung markiert, Korruption, die wie ein Krebsgeschwür die Institutionen zerfrisst, und eine Arbeitslosigkeit, die Jugendliche in die Arme der Hoffnungslosigkeit treibt, während das Bildungssystem, einst ein Leuchtfeuer der Unabhängigkeit, nun in Trümmern liegt, fern von den ambitionierten Versprechungen seiner Machthaber. Diese Proteste, die sich wie ein Buschfeuer ausbreiteten, von den überfüllten Märkten Antananarivos bis in die entlegenen Dörfer der Roten Insel, waren nicht nur ein Aufbegehren gegen materielle Not, sondern ein kulturelles Erdbeben, das die Stimmen einer digitalen Generation vereinte, die über Social Media organisiert, Memes teilte und Livestreams aus den Straßen sandte, eine Bewegung, die an vergleichbare Aufstände in Kenia, Nigeria oder Uganda erinnerte, wo die Jugend gegen verkrustete Eliten aufbehrte, doch hier in Madagaskar, mit seiner Geschichte von Aufständen im Jahr 1972, 1991 und 2009, schien der Boden fruchtbar für einen echten Umsturz.Am Zentrum dieses Sturms stand Andry Rajoelina, der 51-jährige Präsident, der seit 2009 wie ein Schatten über der Politik des Landes wachte, erst als Übergangsregent in turbulenten Zeiten, dann als gewählter Führer ab 2019, und 2023 in einer Wahl wiedergewählt, die von Opposition und Beobachtern als von Unregelmäßigkeiten geplagt kritisiert wurde. Rajoelina, einst ein DJ und Unternehmer, der mit seinem Charisma und seiner Nähe zu Frankreich, der ehemaligen Kolonialmacht, an die Macht kam, verkörperte für viele die Ambivalenz Madagaskars: Er versprach Wohlstand durch Investitionen in Rohstoffe wie Vanille und Nickel, doch unter seiner Herrschaft wuchsen die Ungleichheiten, die Abhängigkeit von ausländischen Mächten und die Repression gegen Zivilgesellschaft und Presse, die er zunehmend einschränkte, während Vorwürfe der Korruption wie dunkle Wolken über seinem Palast hingen. Die Demonstranten, Tausende stark, die sich täglich versammelten, warfen ihm vor, eine Marionette pariser Interessen zu sein, mit seiner doppelten französischen Staatsbürgerschaft als Symbol für Verrat an der madagassischen Souveränität, und ihre Rufe nach Rücktritt hallten durch die Straßen, begleitet von Plakaten, die seine Effigie in Flammen aufgehen ließen. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Härte, Tränengaswolken verschleierten den Himmel, Gummigeschosse pfiffen durch die Luft, und die Bilanz war grausam: mindestens zweiundzwanzig Tote, darunter unschuldige Jugendliche, Hunderte Verletzte, und ein Klima der Angst, das die Insel lähmte, während Rajoelina in einer Ansprache vor dem Präsidentenpalast trotzig blieb, von Plünderern sprach und die Proteste als Werk von Kriminellen abtat.Doch die Flammen der Empörung loderten höher, als am Wochenende eine unerwartete Allianz die Waage kippen ließ. Die Eliteeinheit Capsat der Armee, jene Spezialkräfte, die ironischerweise 2009 Rajoelinas Aufstieg gepflastert hatten, schlossen sich den Demonstranten an, verkündeten ihre Loyalität zur Jugendbewegung und übernahmen die Kontrolle über Land-, Luft- und Seestreitkräfte, ein Manöver, das das Präsidentenbüro als Putschversuch brandmarkte, während Soldaten in den Straßen patrouillierten und sich die Gendarmerie, diese eigenständige Kraft zwischen Militär und Polizei, zögerlich anschloss. Inmitten dieses Chaos, als die Sonne am 13. Oktober unterging, floh Rajoelina, getarnt in der Anonymität der Nacht, an Bord eines französischen Militärflugzeugs aus dem Land, eine Flucht, die von Insidern und Diplomaten bestätigt wurde, obwohl sein Büro zunächst Gerüchte dementierte und von einem sicheren Bunker sprach; Berichte des französischen Senders RFI enthüllten eine stille Vereinbarung mit Emmanuel Macron, der den Exilierten in Paris oder einer anderen sicheren Enklave aufnahm, fernab der tobenden Menge. Von seinem unbekannten Unterschlupf aus weigerte er sich in einer Facebook-Ansprache am Montagabend vehement, zurückzutreten, sprach von einer Bedrohung für sein Leben und appellierte an die Nation, doch seine Worte verhallten wirkungslos, während das Unterhaus des Parlaments, das er am Dienstagmorgen per Dekret auflöste, um eine drohende Abstimmung zu verhindern, dennoch tagte und mit überwältigender Mehrheit für seine Amtsenthebung stimmte, eine Rebellion der Abgeordneten, die die Legalität seiner Maßnahme in Frage stellte und das Vakuum der Macht vertiefte.Nur Minuten später, als die Glocken der Kathedrale in Antananarivo läuteten und der Wind den Staub der Proteste aufwirbelte, trat Oberst Michael Randrianirina, ein Capsat-Offizier mit entschlossenem Blick, vor den Präsidentenpalast und verkündete im nationalen Radio die Machtübernahme durch das Militär: Die Verfassung sei ausgesetzt, sämtliche Institutionen bis auf das Unterhaus aufgelöst, und an Stelle des Präsidentenamts trete ein Präsidentschaftsrat aus Vertretern der Armee und Gendarmerie, mit General Demosthene Pikulas als neuem Armeechef und einer Übergangszeit von zwei Jahren, in der Neuwahlen vorbereitet werden sollen, um die Stimmen des Volkes endlich zu hören, wie der Oberst betonte, in einem Appell an die Jugend, die nun als moralische Siegerin dastand. Diese Intervention des Militärs, die an vergangene Putsche erinnerte, doch hier mit dem Mantel der Volksnähe getarnt, löschte nicht die Unsicherheit aus; die Straßen blieben gespalten, Plünderungen lauerten in den Schatten, und internationale Stimmen mischten sich ein. Die Afrikanische Union rief zu Ruhe auf, Frankreichs Macron mahnte den Respekt vor der verfassungsmäßigen Ordnung, während die Vereinten Nationen und Menschenrechtsorganisationen die Toten betrauerten und eine friedliche Transition forderten. Madagaskar, dieses Juwel der Biodiversität, das von Baobabs und Korallenriffe umarmt wird, balanciert nun auf dem schmalen Grat zwischen Hoffnung und Chaos, wo die Flucht eines Präsidenten nicht nur das Ende einer Ära markiert, sondern den Auftakt zu einer ungewissen Zukunft, in der die Jugend, digital verbunden und unerbittlich, vielleicht endlich die Ketten der Armut und Abhängigkeit sprengen könnte, oder wo der Kreislauf der Instabilität sich grausam wiederholt, getragen von den Wellen des Ozeans, der die Insel umspült. Die Welt blickt gebannt auf Antananarivo, wo der Morgen des 15. Oktober 2025 eine neue Seite in der Geschichte Madagaskars aufschlägt, geschrieben mit dem Blut der Märtyrer und der Tinte der Revolutionäre.
