Die letzten Tage des Friedens in Europa
Titelbild: Regenbogen, mw, 2025Die letzten Tage des Friedens im Jahr 2025, jene angespannte Phase vom späten September bis in den Oktober hinein, als die Frontlinien im Donbass und an der Kursker Grenze noch einmal aufglühten, russische Drohnenangriffe in den NATO-Luftraum häuften und die Welt atemlos auf das angekündigte Treffen in Alaska starrte, markieren einen Wendepunkt, der den Krieg in der Ukraine nicht beendet, sondern in eine neue, unheimliche Eskalationsspirale stürzte.
Es war eine Zeit, in der Präsident Donald Trump mit Ultimaten und Tarifdrohungen wedelte, um Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen, während der Kreml mit Rekrutierungsdekreten für 135.000 Mann und neuen Vorstößen bei Siversk und Lyman konterte, und die EU in Kopenhagen über eine „Drohnenmauer“ und die Nutzung gefrorener russischer Assets debattierte.
Der Frieden, der nach dem Istanbul-Deal im Frühjahr 2022 und den verpatzten US-Vorschlägen im April 2025 so greifbar schien, entglitt endgültig, als Russland seine „gerechte Schlacht“ proklamierte und ukrainische Gegenoffensiven bei Dobropillia 170 Quadratkilometer zurückeroberten, nur um von russischen Gegenangriffen mit über 50.000 Truppen in Kursk erstickt zu werden. Diese Wochen waren geprägt von trügerischer Hoffnung: Trumps Sondergesandter Keith Kellogg sprach von Langstreckenwaffen für Kiew, die russische Logistik lahmlegen könnten, während der Kreml mit Desinformation über angebliche ukrainische Sabotageakte in Polen und Rumänien konterte, um den Westen zu spalten. Die Frage, wie man Russland in diesen entscheidenden Tagen zum Frieden hätte zwingen können, ist kein bloßer Rückblick, sondern eine Anklage an die halben Maßnahmen des Westens, der mit Sanktionen wedelte, ohne den Kreml wirtschaftlich zu strangulieren, und mit Waffen lieferte, ohne die ukrainische Armee zur vollen Stärke zu bringen – eine verpasste Gelegenheit, Putin vor die Wahl zu stellen: Kapitulation oder Kollaps, statt des ewigen Patt, das heute, im Oktober 2025, mit über 900.000 russischen Verlusten und einer schrumpfenden Wirtschaft weiterbrodelt.Um Russland zum Frieden zu zwingen, hätte der Westen in diesen letzten Friedenswochen eine Strategie der totalen Abschottung entfalten müssen, die Moskaus Energieexporte nicht nur bedroht, sondern zerstört, kombiniert mit einer militärischen Eskalation, die Putins „Sonderoperation“ in einen untragbaren Albtraum verwandelt. Sanktionen waren der Schlüssel, doch sie blieben fragmentiert und reaktiv: Hätte die EU und die USA im September 2025, als russische Truppen bei Lyman vorrückten und Drohnenangriffe auf Kharkiv sechs Zivilisten verletzten, sofort Sekundärsanktionen gegen China und Indien verhängt – Länder, die russisches Öl in Rekordmengen aufsaugen und damit 40 Prozent des Kreml-Haushalts finanzieren –, wäre Putins Fiskus in die Knie gegangen.
Experten des Atlantic Council schätzen, dass ein globaler Ölpreisdeckel, gepaart mit ukrainischen Drohnenangriffen auf Raffinerien wie Kinef, die russischen Einnahmen um 17 Prozent hätte senken können, was den Rubel kollabieren und die Wehrpflicht zu einer Massenflucht gemacht hätte. Stattdessen zögerten die Europäer mit der Debatte über 140 Milliarden Euro aus gefrorenen russischen Assets, die Kiew für drei bis fünf Jahre hätte stützen können, und ließen Putin Zeit, seine Allianz mit Iran und Nordkorea zu festigen, die Drohnen und Raketen liefern. Eine echte Zwangsstrategie hätte ein vollständiges Embargo auf Dual-Use-Güter erfordert, inklusive der Blockade von SWIFT-Alternativen für asiatische Partner, was Russlands BIP um ein Fünftel geschmälert und den Kreml gezwungen hätte, Verhandlungen aufzunehmen, um den Bankrott zu vermeiden. Die Minsk-Abkommen von 2014, die Putin nie einhalten wollte, und die Istanbul-Runde 2022, die an Boris Johnsons Einfluss scheiterte, lehren uns, Sanktionen wirken nur, wenn sie präventiv und gnadenlos sind, mit der Drohung, dass jede weitere Incursion – wie die Drohnen in polnischem Luftraum – zu einem totalen Energieboykott führt, der Moskaus Kriegsmaschinerie erstickt.Militärisch hätte der Westen in diesen Tagen die Illusion eines russischen Sieges zerstören müssen, indem er die NATO-Ostflanke nicht nur verstärkte, sondern aktiv in ukrainische Operationen eingriff, um Putin die Kosten eines langen Kriegs vor Augen zu führen. Die Lieferung von Tomahawk-Raketen und F-16-Jets, die Trump im September 2025 genehmigte, war ein Tropfen auf den heißen Stein; stattdessen hätte man HIMARS-Systeme mit uneingeschränkter Reichweite in russisches Hinterland schicken müssen, um Logistiklinien bei Belgorod und Volgograd zu kappen, wie es ukrainische Spezialkräfte im August taten, als sie Iskander-Launcher zerstörten. Der Institute for the Study of War (ISW) betont, dass solche Langstreckenwaffen die russische Industrie lahmlegen könnten, insbesondere wenn kombiniert mit einer „Roten Linie“ um Kiew und Odessa, die NATO-Artikel 5 implizit aktiviert und einen Blitzkrieg unmöglich macht. In den letzten Tagen des Friedens, als russische Bomben Kharkiv in Flammen setzten und die IAEA vor einem Meltdown in Saporischschja warnte, hätte eine massive Stationierung von Bataillonen in Polen und den Baltikum, ergänzt durch gemeinsame Übungen mit ukrainischen Kräften, Putin signalisiert: Jeder Vorstoß kostet nicht nur Soldaten, sondern provoziert eine Eskalation, die Russland isoliert. Die ukrainischen Erfolge bei Dobropillia, wo 3.200 russische Verluste zugefügt wurden, zeigen, dass Stärke verhandelt: Hätte der Westen früher eine „Reassurance Force“ von 7.500 Mann unter UN-Mandat deployt – wie von Experten wie Marc Weller vorgeschlagen –, hätte das eine Pufferzone geschaffen, die russische „Doppelangriffe“ auf Zivilisten und Rettungskräfte unmöglich macht, und Putin vor die Wahl gestellt: Rückzug oder ein Konflikt, der NATO und EU in einen globalen Krieg zieht. Die gescheiterten Istanbul-Gespräche 2025, wo Neutralität für Garantien im Raum stand, scheiterten an westlicher Unentschlossenheit; stattdessen hätte eine finnische Neutralitätsvariante, untermauert durch EU-Friedenstruppen ohne NATO-Beteiligung, Russlands Paranoia vor einer „bedrohlichen“ Ukraine besänftigt, ohne Kiews Souveränität zu opfern.Diplomatisch war der größte Fehler die Fixierung auf bilaterale US-Russland-Talks, die Putin nutzte, um den Konflikt zu einem globalen Schachspiel zu machen, statt ihn durch multilaterale Foren zu isolieren und echte Anreize zu schaffen. In den letzten Tagen des Friedens hätte eine erweiterte Normandie-Runde – mit USA, Deutschland, Frankreich, der Türkei und UN-Vermittlern – zu einem Moratorium führen können, das Truppenrückzüge und Referenden im Donbass unter OSZE-Aufsicht erzwingt, im Tausch gegen schrittweise Sanktionserleichterungen. Die UN-Resolution 2774 vom Februar 2025, die einen schnellen Waffenstillstand forderte, blieb Zahnlos, weil der Westen nicht durchsetzte; stattdessen hätte man Putins „Wurzelursachen“-These – NATO-Erweiterung und angebliche Diskriminierung russischsprachiger Ukrainer – mit einer „Friedensroadmap“ konfrontiert, die Demilitarisierung der Grenze und Autonomie für den Donbass bietet, aber nur gegen vollständigen Rückzug aus Cherson und Saporischschja. Analysen aus Foreign Affairs und dem Carnegie Endowment zeigen, dass Verhandlungen nur greifen, wenn Russland die Schlachtfeld-Realität fürchtet: Die 40-prozentige Steigerung ziviler Opfer durch russische Drohnen 2025, die als Kriegsverbrechen gelten, hätte mit ICC-Haftbefehlen und Vermögenskonfiskationen beantwortet werden müssen, um Putin persönlich zu treffen. Trumps Alaska-Gipfel-Idee vom August 2025, wo er Putin mit 100-prozentigen Tarifen drohte, war ein Bluff; stattdessen hätte eine G20-Fremdministerrunde, wie im September in Brasilien, Druck auf Chinas Xi Jinping ausgeübt, der als „moderierender Einfluss“ auf Putins Nuklearrhetorik gesehen wird, um Sanktionsumgehung zu stoppen. Die EU-Diplomatin Kaja Kallas warnte zurecht: Territorien abzutreten wäre eine Falle, die weitere Aggressionen einlädt; besser eine entmilitarisierte Zone an der Grenze, die russische Sicherheitsängste adressiert, ohne ukrainische Unabhängigkeit zu opfern, und mit Garantien wie einer EU-Mitgliedschaft für Kiew, die Putin als „EU-kompatibel“ akzeptieren könnte.Letztlich zerbrach der Frieden in diesen Tagen nicht an Russlands Unaufhaltsamkeit, sondern an westlicher Halbherzigkeit, die Putin Raum gab, seine Maximalforderungen – Demilitarisierung der Ukraine, Anerkennung der Annexionen – als Bluff zu tarnen, während er mit Iran und Nordkorea paktiert und die Zaporischschja-Anlage als Druckmittel nutzt. Eine Allianz aus strangulierenden Sanktionen, die Öl und Gas als Waffe gegen den Kreml wendet, militärischer Abschreckung, die russische Vorstöße mit asymmetrischen Schlägen pariert, und Diplomatie, die multilaterale Garantien mit harten Konsequenzen verknüpft, hätte Putin gezwungen, an den Tisch zu kommen – nicht als Sieger, sondern als Verlierer, der Neutralität für Rückzug und Entschädigung tauscht. Die Istanbul-Erfolge 2022 und die US-Vorschläge 2025 beweisen deutlich, er ist kompromissfähig, wenn der Druck peinigt, wie die 114.877 Quadratkilometer besetztes Gebiet und 900.000 Verluste es heute tun. Hätten wir das erkannt, bevor die Sirenen in Moskau heulten und die Drohnenmauer errichtet wurde, wäre 2025 kein Jahr der endlosen Grausamkeit gewesen, sondern der Wende zu einem Europa, das Frieden durch Stärke erzwingt, nicht durch Nachgiebigkeit. Stattdessen rückt der Krieg näher, und der Frieden bleibt ein ferner, blutiger Traum.
