Die Etosha Pfanne brennt
Halali 1986, Etosha, kasaan media, 2025Die Etosha-Pfanne, dieses gewaltige, schimmernde Herz des gleichnamigen Nationalparks in Namibia, brennt derzeit in einem unerbittlichen Inferno, das die fragile Balance eines der beeindruckendsten Ökosysteme Afrikas bedroht und die Welt der Wildtiere in eine Prüfung der Ausdauer stürzt.
Seit dem vergangenen Montag, dem 22. September 2025, lodert ein verheerendes Buschfeuer durch die trockenen Weiten des Etosha-Nationalparks, das sich mit einer Geschwindigkeit ausbreitet, die von starken Winden und der gnadenlosen Trockenheit der Region angeheizt wird. Etwa ein Drittel der gesamten Parkfläche, die mit über 22.000 Quadratkilometern eine Fläche von gut der Hälfte der Schweiz umfasst, ist bereits von den Flammen verschlungen worden – eine Zerstörung, die nicht nur Vegetation und Boden verschlingt, sondern auch den Lebensraum Tausender Tiere in akute Gefahr bringt. Das Feuer, das vermutlich von einem benachbarten Holzkohlebetrieb auf einer Farm ausgelöst wurde, wie das namibische Umweltministerium vermutet, hat sich rasend schnell durch die savannenartigen Graslandschaften gefressen, die in der Trockenzeit ohnehin wie Zunder trocken und entzündlich daliegen.
Um die Tragweite dieses Desasters zu verstehen, muss man die Etosha-Pfanne in ihrer vollen Pracht und Zerbrechlichkeit erahnen. Sie erstreckt sich über stolze 4.760 Quadratkilometer, misst bis zu 130 Kilometer in der Länge und 50 Kilometer in der Breite und thront auf etwa 1.000 Metern Höhe in der weiten Kalahari-Senke, die sich durch Namibia und Botswana windet. Ihr Name, der aus der Sprache der Ovambo-Stämme stammt und „großer weißer Platz“ bedeutet, passt perfekt zu ihrem Erscheinungsbild – eine endlose, vegetationsarme Ebene aus Salzton und Mineralien, die in der Sonne in einem blendenden Weiß und Grünlich schimmert, als wäre sie ein Relikt aus einer vergangenen geologischen Epoche. Vor etwa 100 Millionen Jahren entstanden, formte sich diese endorheische Salzpfanne – ein Becken ohne Abfluss zum Meer – durch tektonische Bewegungen und jahrtausendelange Sedimentablagerungen aus umliegenden Gebirgen, die Schicht um Schicht aus neoproterozoischen Sandsteinen, Karoo-Gesteinen und Kalahari-Sedimenten aufstapelten. Bis zu 8.000 Meter dick ist ihre Unterlage an manchen Stellen, ein stummer Zeuge der Erdgeschichte, die heute von Flammen bedroht wird. In der Regenzeit, die in Namibia von November bis April andauert, verwandelt sich diese scheinbar tote Fläche in ein pulsierendes Wunder: Regenwasser füllt sie bis zu 10 Zentimeter hoch, schafft temporäre Seen, die Tausende von Flamingos, Pelikanen und anderen Vögeln anlocken – bis zu einer Million rosafarbener Körper, die den Himmel verdunkeln und die Pfanne in ein lebendiges Gemälde der Natur verwandeln. Solequellen sprudeln kleine Salzhügel hervor, die als Lecks für durstige Herden dienen, und randständige Graszonen mit salztoleranten Sträuchern und Gräsern bieten Weide für Springböcke, Oryxantilopen und Zebras, die wiederum Löwen, Geparden, Hyänen und Leoparden anziehen. Der Park beherbergt insgesamt 110 Säugetierarten und 340 Vogelarten, darunter die „Big Five“ Elefantenherden, die in staubigen Kolonnen durch die Landschaft ziehen, stolze Löwenrudel, die am Wasserloch lauern, und bedrohte Spitzmaulnashörner, für deren Schutz Etosha zu einem Bollwerk der Erhaltung geworden ist. Diese Nashörner, deren Population hier mühsam aufgebaut wurde, finden in den schattigen Akazienwäldern und den nährstoffreichen Böden um die Pfanne herum ihre Zuflucht, doch nun jagen die Flammen Schatten durch ihre Reviere und zwingen sie zu panischer Flucht.Das aktuelle Feuer, das sich besonders im südwestlichen Teil des Parks entzündet hat, profitiert von der perfekten Sturmkonstellation der Trockenzeit. Temperaturen über 30 Grad Celsius, Windböen, die Funken wie Samen verstreuen, und eine Vegetation, die monatelang auf Niederschlag wartet. Feuerwehrkräfte und sogar die namibische Armee sind im Dauereinsatz, patrouillieren mit Löschfahrzeugen und Hubschraubern, um die Flammen einzudämmen, doch die Weite des Geländes macht jeden Einsatz zu einem Kampf gegen die Unendlichkeit. Touristen, die jährlich Zehntausende in den Park strömen, um an Wasserlöchern Elefanten und Giraffen zu beobachten, müssen nun umgeleitet werden; Camps wie Okaukuejo oder Halali, die mit ihren beleuchteten Tränken zu magischen Beobachtungsorten werden, liegen unter Rauchwolken.
Die Zerstörung ist nicht nur ökologisch katastrophal – sie frisst sich durch Grasflächen, die für den Kreislauf der Savanne essenziell sind, und bedroht die Biodiversität, die Etosha seit seiner Gründung als Wildschutzgebiet 1907 durch deutsche Kolonialverwaltung und später als Nationalpark 1967 unter südafrikanischer Ägide zu einem Juwel der afrikanischen Wildnis gemacht hat. Die Hai//om, die indigenen Bewohner, nannten die Pfanne „Khubus“, den „total kahlen, weißen Ort voller Staub“, und erkannten ihre spirituelle Bedeutung; heute symbolisiert sie die Verletzlichkeit indigener Landschaften gegenüber menschlichem Einfluss, sei es durch Farmen oder Klimawandel, der Trockenperioden verlängert.Doch inmitten dieser Tragödie keimt Hoffnung auf, wie sie die Natur so oft bereithält. Buschfeuer sind Teil des natürlichen Rhythmus in solchen Savannen, sie reinigen den Boden von totem Holz und fördern neues Wachstum, sobald der Rauch sich lichtet. Die namibischen Behörden koordinieren mit internationalen Partnern, um Wildtiere zu retten und Wiederaufforstung zu planen, während die Etosha-Pfanne, diese uralte, widerstandsfähige Schüssel der Erde, darauf wartet, dass die Flammen erlöschen und der Regen zurückkehrt. Sie wird überdauern, wie sie Millionen Jahre überdauert hat – ein Mahnmal für die Schönheit und die Zerbrechlichkeit unserer Welt, das uns lehrt, mit dem Feuer der Zerstörung umzugehen, bevor es uns alle verschlingt. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Nashörner und Flamingos, Elefanten und Antilopen diesen Schlag überstehen, und ob der „große weiße Platz“ wieder zu strahlen beginnt, statt zu glühen.
