HomeToGo CBD VITAL Weinvorteil DE
Damals

Das verlorene Imperium des Edmond Safra

Titelbild: Beispielbild Pixabay

Edmond Safra, ein aus dem Libanon stammender jüdischer Banker sephardischer Herkunft, der eines der mächtigsten Privatbanking-Imperien der Welt aufbaute, geriet Ende der 1990er Jahre in einen Strudel internationaler Finanzskandale, russischer Kapitalflucht und letztlich einer tragischen Katastrophe.

Geboren 1932 in eine alte Bankiersfamilie aus Aleppo in Syrien, erwarb Safra früh Expertise im Goldhandel und Finanzwesen, zunächst in Brasilien, bevor er 1966 die Republic National Bank of New York gründete und sie zu einem globalen Giganten ausbaute, der sich auf konservative Anlagen, Edelmetalle und vermögende Kunden aus Lateinamerika und dem Nahen Osten spezialisierte. In den 1990er Jahren verwalteten seine Institute, darunter die Trade Development Bank in Genf und Safra Republic Holdings, Milliarden an Vermögen. Doch als die postsowjetische russische Wirtschaft in Chaos stürzte – geprägt von oligarchischer Plünderung, Kapitalabfluss und organisierter Kriminalität – kollidierte Safras Welt mit einem der größten Geldwäscheskandale der Geschichte.Der Skandal brach im Sommer 1999 aus und drehte sich um die Bank of New York (BNY), eine der ältesten US-Finanzinstitute, die unwissentlich als Kanal für Milliarden Dollar aus Russland diente. Ermittler deckten auf, dass zwischen 1998 und 1999 schätzungsweise 4,2 bis 10 Milliarden Dollar illegale Gelder – aus Steuerhinterziehung, Veruntreuung von IWF-Krediten zur Stabilisierung der russischen Wirtschaft, politischer Korruption und Aktivitäten russischer Organisierter Kriminalität – durch BNY-Konten flossen, oft in tausenden kleiner Wire-Transfers, um Aufmerksamkeit zu vermeiden. Im Zentrum standen Firmen wie Benex International und Becs International, Scheinfirmen des russischen Emigranten Peter Berlin und seiner Frau Lucy Edwards, einer BNY-Vizepräsidentin. Diese leiteten Gelder von russischen Banken wie Inkombank oder Menatep in Offshore-Paradiese wie die Britischen Jungferninseln oder Zypern weiter.

Eine gängige Methode der russischen Kapitalflucht waren fiktive oder überhöhte Handelsverträge, einschließlich solcher über Warentermingeschäfte – also Futures auf Rohstoffe wie Öl, Metalle oder Agrarprodukte –, die als Tarnung für illegale Überweisungen dienten und Oligarchen sowie korrupte Beamte ermöglichten, Vermögen vor der Rubel-Abwertung und der Finanzkrise 1998 in Sicherheit zu bringen. Betroffene Kreise reichten von Ölkonzernen wie Yukos bis hin zu Insider-Gewinnen aus Staatsanleihen.Safras Rolle war entscheidend und gefährlich: Seine Republic National Bank, Konkurrentin der BNY im Russland-Geschäft, hatte bereits 1998 verdächtige Transaktionen in russischen Konten entdeckt. Um Reputationsschäden und rechtliche Risiken abzuwenden, kooperierte Safra eng mit dem FBI und lieferte entscheidende Hinweise, die das Netzwerk aufdeckten – einschließlich Ströme durch die BNY. Dies machte ihn zum Feindbild mächtiger russischer Interessen, von Mafia-Figuren wie Semyon Mogilevich, der mit Benex in Verbindung gebracht wurde, bis hin zu korrupten Oligarchen.

Auch die Republic Bank geriet unter Scrutiny, da sie ebenfalls fragwürdige russische Gelder gehandhabt hatte, doch Safras proaktive Meldung an Behörden unterschied sie. Parallel schloss Safra im Mai 1999 den Verkauf seiner Bank an HSBC für 9,85 Milliarden Dollar ab, was ihn enorm bereicherte, aber auch seine Sichtbarkeit als Ziel erhöhte.

Das Drama gipfelte am 3. Dezember 1999 in Monaco, als der 67-jährige Safra, der an fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung litt, in seinem hochgesicherten Penthouse im Belle-Époque-Gebäude am Mittelmeer qualvoll starb. In den frühen Morgenstunden behauptete sein US-amerikanischer Pfleger Ted Maher, ein ehemaliger Green Beret, der erst Monate zuvor eingestellt worden war, zwei maskierte Eindringlinge mit Messern hätten die Wohnung gestürmt und ihn verletzt.

In Panik sollen Safra und die Pflegerin Vivian Torrente sich in einem umgebauten Badezimmer als Panikraum verschanzt haben. Maher gab an, ein kleines Feuer in einem Abfalleimer mit Taschentüchern und einer Kerze gelegt zu haben, um Rauchmelder auszulösen und Hilfe zu rufen – doch das Feuer geriet außer Kontrolle und füllte den Raum mit giftigen Dämpfen. Monacos Feuerwehr, behindert durch Verwirrung und Sicherheitsprotokolle, brauchte Stunden, um einzudringen; bis dahin waren Safra und Torrente erstickt. Maher wurde zunächst als Held gefeiert, dann jedoch zum Hauptverdächtigen.Die monegassischen Behörden schlossen nach Verhören, dass Maher die Eindringlinge erfunden, sich selbst oberflächliche Wunden zugefügt und das Feuer absichtlich gelegt hatte – aus einem verzweifelten Versuch, Aufmerksamkeit oder eine Beförderung zu erlangen, inmitten von Safras Paranoia vor Bedrohungen. Maher gestand zunächst schriftlich, widerrief später und behauptete Zwang durch Polizei, die ihn isoliert und seine Familie bedroht habe; er insistierte auf realen Angreifern, möglicherweise verbunden mit einem früheren Entführungsversuch. 2002 verurteilte ein Gericht in Monaco ihn wegen Brandstiftung mit Todesfolge zu zehn Jahren Haft; er verbüßte einen Teil, floh kurz 2003, wurde wieder gefasst und 2007 entlassen. Trotz offizieller Version eines Unfalls durch einen exzentrischen Pfleger blühten Verschwörungstheorien auf, genährt von Safras Whistleblower-Rolle beim russischen Wäscheskandal. Viele spekulierten über einen Racheakt der russischen Mafia, die durch seine Enthüllungen und Störung ihrer Warentermin-getarnten Transfers geschädigt worden sei. Safras Ängste waren dokumentiert: Er reiste mit schwerer Security, mied Öffentlichkeit und hatte frühere Schmierkampagnen überstanden. Seine Frau Lily, die in einem anderen Raum überlebte, erbte das Vermögen und hielt an der offiziellen Version fest, doch Gerüchte um familiäre Spannungen oder Versicherungsmotive hielten an. Im Nachgang führte der BNY-Skandal zu Schuldeingeständnissen von Edwards und Berlin 2000 sowie Bußgeldern für die Bank und Compliance-Reformen.

Safras Tod, Wochen vor Abschluss des HSBC-Deals, verzögerte diesen nicht und festigte sein Erbe als Banking-Titan, der im Chaos des „Wilden Ostens“ fiel. Ob nun Torheit eines Pflegers oder getarnter Auftragsmord – die Ereignisse verweben die Schattenwelt der Geldwäsche, möglicherweise mit Warentermingeschäften als Fassade, mit geopolitischen Racheakten zu einem bleibenden Rätsel, das kürzlich durch die Netflix-Dokumentation „Mord in Monaco“ neu belebt wurde und Lücken in der offiziellen Erzählung sowie den anhaltenden Schatten russischer Vergeltung beleuchtet.

Themenverwandte Artikel

Die 1950er Jahre in Kroatien

the kasaan times

Frohen Nikolaus!

the kasaan times

Hans Weidel und die Distanz zur Vergangenheit

the kasaan times

Am Ende hatten alle nur verloren – der Krieg war aus

the kasaan times

Die Liliputanerstadt in der Vergangenheit des Märchenparks

the kasaan times

Unglaubliche Bilder aus Deutschland vor dem 2. Weltkrieg

the kasaan times

Die Geschichte der USS Pueblo (AGER-2)

the kasaan times

Die Pogrome von Erfurt 1975

the kasaan times

Heute vor 125 Jahren in Burenkrieg – Bloemfontein wird eingenommen

the kasaan times

Lady Be Good

the kasaan times

Die Kriegsverbrecherprozesse von Tokio

the kasaan times

23.Oktober 1955-Saarstatut Abstimmung

the kasaan times

Hinterlasse einen Kommentar

*