Titelbild Beispielbild Truxal, Wikimedia, Lizenz 3.0
Marianne Nölle, die im Juli vor drei Jahren starb, war eine deutsche Altenpflegerin, die in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren als Serienmörderin in Köln agierte. In den Medien wurde sie als „Todesengel von Köln“ bekannt. Sie wurde 1993 wegen sechs nachgewiesener Morde an älteren Menschen, die sie betreute, zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Ermittler vermuteten jedoch, dass sie insgesamt 17 Morde begangen und in weiteren 18 Fällen Mordversuche unternommen haben könnte, wobei diese zusätzlichen Taten nicht gerichtlich bewiesen wurden. Sie soll weit mehr Taten begangen haben, als bekannt ist.
Nölle arbeitete als Altenpflegerin in einem ambulanten Pflegedienst in Köln. Ihre Opfer waren ältere, oft gebrechliche Menschen, die sie in ihren Wohnungen betreute. Sie nutzte ihre Position, um Vertrauen aufzubauen, und verabreichte ihren Opfern tödliche Überdosen des Antipsychotikums Truxal (Wirkstoff: Chlorprothixen), in einigen Fällen vermischt mit Diazepam. Dieses Medikament wirkte sedierend und führte in hohen Dosen zu Atemlähmung, was die Todesursache schwer nachweisbar machte, da die Opfer aufgrund ihres Alters oft als „natürlich verstorben“ eingestuft wurden.
Ihr Vorgehen war laut Ermittlungen von Habgier motiviert. Nölle stahl regelmäßig Wertgegenstände ihrer Opfer, darunter Schmuck, Uhren, Bargeld, Briefmarken und in einem Fall sogar eine Eigentumswohnung. Sie war bereits vor den Morden wegen Diebstahl und Unterschlagung vorbestraft, was auf ein Muster kriminellen Verhaltens hinweist.
Die Ermittlungen begannen 1991, als der Sohn einer 89-jährigen Patientin, Margarete E., eine Diebstahlsanzeige erstattete, nachdem seine Mutter unter Nölles Pflege gestorben war. Die Polizei entdeckte bei der Untersuchung verdächtige Todesfälle und ordnete Exhumierungen an. In den exhumierten Leichen wurden Spuren von Truxal nachgewiesen, was ungewöhnlich war, da das Medikament nicht verschrieben worden war. In Nölles Wohnung fanden die Ermittler vier Dosen Truxal, was die Verdachtsmomente verstärkte.
Trotz der laufenden Ermittlungen zeigte Nölle keine Reue und plante weitere Taten. Beispielsweise wollte sie die 85-jährige Wilhelmine P. töten, die Nölle zur Alleinerbin eingesetzt hatte. Dies zeigt ihre Kaltblütigkeit und Berechnung.
1993 wurde Marianne Nölle vor Gericht gestellt. Sie bestritt die Taten bis zuletzt und zeigte keine Reue. Das Gericht verurteilte sie aufgrund der Beweise – insbesondere der toxikologischen Gutachten und der Diebstahlsfälle – zu lebenslanger Haft für sechs Morde. Das Urteil wurde 1994 nach einer Revision vor dem Bundesgerichtshof rechtskräftig. Die weiteren mutmaßlichen Morde konnten ihr nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, da die Beweislage in älteren Fällen oft unzureichend war.
Ein Gutachten, das 2001 von Nölles Anwalt in Auftrag gegeben wurde, stellte die toxikologischen Ergebnisse in frage und behauptete, dass Chlorprothixen in anderen Fällen nicht tödlich gewirkt habe. Dies führte jedoch nicht zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens. Nölle fühlte sich ungerecht behandelt. Zeit ihres Lebens schimpfte die ältere Dame auf den Richter und auf den Staatsanwalt.Selbst ihr Anwalt blieb nicht verschont. So hegte die zeitweise hinterrücks agierende Frau ihre Zelle. Beim selbstgebackenen Apfelkuchen betonte die ergraute, schlanke Dame, dass sie von einem Arzt beauftragt wurde. Sie zischte, laut Mitgefangenen, „wenn sie auspacke, wären alle dran“. Wenn oder was die damit meint, wurde den Zuhörern nicht klar. Nölle hatte ihr unverrückbares Weltbild geschaffen und verdrängte bei der Arbeit als Kalfaktorin bis ins hohe Alter jegliche Schuld.
Die Kriminaljournalistin Sabine Rückert wies in ihrem Podcast „Die Zeit – Verbrechen“ darauf hin, dass solche Tötungsdelikte in der Altenpflege oft unentdeckt bleiben, da Mediziner bei Leichenschauen nicht immer auf unnatürliche Todesursachen achten.
Der Fall Nölle löste in Deutschland Entsetzen aus, da er die Verwundbarkeit älterer Menschen in der Pflege aufzeigte. Die Tatsache, dass sie von Ärzten empfohlen und von Krankenkassen bezahlt wurde, machte den Fall besonders schockierend. Er führte zu Diskussionen über die Kontrolle und Überwachung in der Pflegebranche.
Nölle selbst schwieg zu den Vorwürfen und gab nie ein Geständnis ab. Sie starb am 28. Juli 2022 im Alter von 84 Jahren, vermutlich in Haft. Noch in Haft sprach Nölle davon, so berichteten Mitgefangene, dass sie von dem Doktor beauftragt worden war, den älteren Patienten die Medikamente zu verabreichen. Immer wieder.
Marianne Nölle war eine der berüchtigtsten Serienmörderinnen Deutschlands. Ihr Fall zeigt, wie eine scheinbar vertrauenswürdige Pflegekraft ihre Position ausnutzen konnte, um aus Habgier zu morden. Die Schwierigkeiten, ihre Taten nachzuweisen, verdeutlichen die Herausforderungen bei der Aufklärung von Verbrechen in der Altenpflege. Ihr Spitzname „Todesengel von Köln“ spiegelt die grausame Ironie wider, dass sie als vermeintliche Helferin Tod und Leid brachte.
