Titelbild: Verbindungshaus Danubia Beowulf Tomek
Am frühen Dienstagmorgen des 24. Juni 2025 durchsuchte die Münchner Polizei die Villa der Burschenschaft Danubia in der Potsdamer Straße in Schwabing. Anlass für die Razzia war eine mutmaßlich illegale Reise von fünf Mitgliedern der Burschenschaft zu einer Veranstaltung der Identitären Bewegung in Mailand, die als „Remigrationsgipfel 2025“ beworben wurde. Die Ermittlungen richten sich gegen ein Mitglied der als rechtsextremistisch eingestuften Studentenverbindung, wobei die Staatsanwaltschaft wegen möglicher Verstöße gegen das Passgesetz vorgeht. Konkret wird den Beschuldigten vorgeworfen, trotz eines behördlichen Ausreiseverbots Mitte Mai 2025 nach Italien gereist zu sein, um an der Veranstaltung teilzunehmen. Die Bundespolizei hatte zuvor zeitlich befristete Ausreisesperren verhängt, um zu verhindern, dass Personen an extremistischen Veranstaltungen im Ausland teilnehmen oder den Ruf der Bundesrepublik gefährden.
Dennoch reisten die Beschuldigten nach Mailand und prahlten anschließend in sozialen Medien mit ihrer Teilnahme, indem sie erklärten, sich „nicht einschüchtern“ zu lassen. Bei der Razzia stellten die Beamten Beweismittel sicher, darunter insbesondere Mobiltelefone, die nun ausgewertet werden sollen. Verhaftungen fanden nicht statt. Nach dem Passgesetz drohen den fünf Beschuldigten Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr.
Die Burschenschaft Danubia, gegründet 1848 im Zuge der bürgerlich-revolutionären Bewegung in München, gehört dem Korporationsverband Deutsche Burschenschaft an und wird der völkischen Burschenschaftlichen Gemeinschaft zugerechnet.
Sie gilt als eine der rechtsnationalsten Studentenverbindungen Deutschlands und steht seit 2001 unter Beobachtung des Bayerischen Verfassungsschutzes, nachdem ein Neonazi, der einen Griechen schwer verletzt hatte, in ihrem Haus Unterschlupf fand. Die Aktivitas, also die aktiven studentischen Mitglieder, wird als rechtsextremistisch eingestuft, und der Verfassungsschutz hat wiederholt eine Nähe zur Identitären Bewegung sowie die Teilnahme an deren Aktionen festgestellt. In der Vergangenheit lud die Danubia prominente rechtsextreme Akteure wie den Holocaust-Leugner Horst Mahler oder den ehemaligen NPD-Aktivisten Jürgen Schwab zu Veranstaltungen ein. Die Verbindung veranstaltet regelmäßig die „Bogenhausener Gespräche“, ein Forum, das von rechtsextremen Kreisen genutzt wird. Ihre Ideologie ist geprägt von einem deutschnationalen Weltbild, das sich unter anderem in ihrem Wahlspruch „Frei in Rede, kühn in Tat!“ und der Forderung nach einem „Großdeutschland“ in den Grenzen von 1939 widerspiegelt.
Die Villa in der Potsdamer Straße, in die die Danubia 2016 nach dem Verkauf ihres vorherigen Hauses in der Möhlstraße zog, ist ein denkmalgeschütztes Gebäude und dient als zentraler Treffpunkt der Burschenschaft.
Der Umzug war von einem millionenschweren Immobiliengeschäft begleitet, bei dem die alte Villa in Bogenhausen, die seit 1958 genutzt wurde, für schätzungsweise acht Millionen Euro verkauft wurde. Das neue Anwesen in Schwabing ist jedoch nicht unumstritten. Anwohner und lokale Politiker, wie der Bezirksausschuss-Vorsitzende Lederer-Piloty, befürchten eine Störung der „toleranten Schwabinger Stadtteilgesellschaft“. Bereits im Mai 2025 war das Haus Ziel eines Angriffs, bei dem ein Unbekannter Scheiben einschlug und Mitglieder der Burschenschaft beleidigte sowie einen von ihnen leicht verletzte. Auch antifaschistische Gruppen haben das Haus wiederholt angegriffen, etwa durch Farbbeutelwürfe, und bezeichnen die Danubia als „Rekrutierungsbecken“ für die Neue Rechte.
Die Danubia ist nicht nur ein Treffpunkt für ihre Mitglieder, sondern auch ein Knotenpunkt rechtsextremer Netzwerke. Mitglieder unterhalten enge Verbindungen zur Alternative für Deutschland (AfD) und zur Identitären Bewegung. So sind etwa Benjamin Nolte, ein „Alter Herr“ der Danubia, im Bezirksvorstand der AfD Oberbayern aktiv, und andere Mitglieder wurden als Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag identifiziert. Der Verfassungsschutz beobachtet zudem personelle Überschneidungen mit der pennalen Burschenschaft Saxonia Czernowitz, die im gleichen Haus residiert. Die Danubia selbst betont auf ihrer Webseite ihre „akademische Freiheit“ und sieht sich als Opfer politischer Verfolgung durch „autoritäre Innenminister“. Dennoch bleibt die Verbindung ein zentraler Akteur in der rechtsextremen Szene, was durch die jüngste Razzia und die laufenden Ermittlungen weiter unterstrichen wird. Die Auswertung der beschlagnahmten Beweismittel soll nun weitere Erkenntnisse über die Aktivitäten der Burschenschaft und ihrer Mitglieder liefern.
