Titelbild: Serengeti,1987 Abend kasaan media, 2025
Bernhard Grzimek (1909–1987) war einer der bekanntesten und einflussreichsten Naturforscher, Tierfilmer und Zoologen des 20. Jahrhunderts, dessen Name untrennbar mit der Serengeti und dem Schutz afrikanischer Wildtiere verbunden ist.
Der in Schlesien geborene und später in Frankfurt am Main wirkende Wissenschaftler wurde vor allem durch sein 1959 erschienenes Buch „Serengeti darf nicht sterben“ und den gleichnamigen Dokumentarfilm weltberühmt, der 1960 als erster deutscher Film einen Oscar in der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“ gewann.
Grzimek, der von 1945 bis 1974 Direktor des Frankfurter Zoos war, entwickelte bereits in den 1950er Jahren eine tiefe Faszination für die gewaltigen Wildtiermigrationen Ostafrikas. Gemeinsam mit seinem Sohn Michael flog er 1957/58 mit einer gespendeten Dornier Do 27, die den auffälligen schwarz-weiß-gestreiften Anstrich einer Zebrastreifung trug und den Namen „Zebra“ erhielt, über die Serengeti, um erstmals aus der Luft die Bestände der großen Huftiere systematisch zu zählen und ihre Wanderbewegungen zu dokumentieren. Die beiden wollten wissenschaftlich belegen, wie groß die Tierbestände tatsächlich waren und wo die Grenzen eines künftigen Nationalparks gezogen werden mussten, um die jährliche Migration von über eine Million Gnus, Hunderttausenden Zebras und Gazellen dauerhaft zu sichern.
Tragischer Höhepunkt dieser Forschungsarbeit war der Tod seines Sohnes Michael, der am 10. Januar 1959 bei einem Zusammenstoß ihres Flugzeugs mit einem Geier über der Serengeti tödlich verunglückte. Bernhard Grzimek flog danach allein weiter und vollendete das gemeinsam begonnene Werk. Michael Grzimek wurde auf dem Ngorongoro-Kraterrand beigesetzt; sein Grab mit dem berühmten Spruch „He gave all he possessed – including his life – for the wild animals of Africa“ ist bis heute eine viel besuchte Gedenkstätte.
Das Buch „Serengeti darf nicht sterben“ erschien 1959 und wurde mit über fünf Millionen verkauften Exemplaren eines der erfolgreichsten deutschsprachigen Sachbücher aller Zeiten. Es schildert nicht nur die Schönheit und Dramatik der afrikanischen Savanne, sondern war vor allem ein leidenschaftlicher Appell an Politik und Öffentlichkeit, den Serengeti-Nationalpark so zu erweitern und abzugrenzen, dass die großen Wanderungen der Tiere erhalten blieben. Grzimek kämpfte dabei gegen britische Kolonialbeamte und einflussreiche Farmer, die Teile der Serengeti für Siedler oder Viehzucht freigeben wollten. Durch seine Filme, Fernsehauftritte (die legendäre ARD-Sendung „Ein Platz für Tiere“ lief von 1956 bis 1987) und persönlichen Kontakte bis hin zu Staatspräsidenten gelang es ihm, weltweit Geld und politischen Druck zu mobilisieren.Die von ihm und seinem Sohn durchgeführten Luftzählungen lieferten die entscheidenden wissenschaftlichen Argumente dafür, dass die ursprünglichen Parkgrenzen erweitert und die Masai in bestimmten Gebieten umgesiedelt wurden, um die Migration zu schützen. Die heutige Grenzziehung des Serengeti-Ökosystems (das den eigentlichen Nationalpark, das Ngorongoro-Schutzgebiet, die Masai Mara in Kenia und mehrere Korridore umfasst) geht in wesentlichen Teilen auf Grzimeks Arbeit und seinen unermüdlichen Einsatz zurück.Bernhard Grzimek war dabei alles andere als ein reiner Romantiker.
Er verstand sich als Pragmatiker, der auch harte Eingriffe (etwa die Umsiedlung von Massai-Dörfern) befürwortete, wenn sie dem übergeordneten Ziel des Artenschutzes dienten – eine Haltung, die ihn bis heute bei Teilen der indigenen Bevölkerung und manchen Naturschutz-Kritikern umstritten macht. Gleichzeitig schuf er mit der Gründung der „Zoologischen Gesellschaft Frankfurt“ (heute Frankfurt Zoological Society) und der „Grzimek-Stiftung“ Strukturen, die noch Jahrzehnte nach seinem Tod Projekte in der Serengeti und anderswo finanzieren.Sein Satz „Nur wenn es dem Menschen gelingt, die großen Wildtiere Afrikas zu erhalten, hat er eine Chance, auch sich selbst zu erhalten“ ist bis heute ein oft zitierter Leitspruch des modernen Naturschutzes.
Bernhard Grzimek, der Mann mit der markanten Brille, dem schneeweißen Haar und der unverkennbaren Stimme, wurde so zur wohl bekanntesten und einflussreichsten Persönlichkeit, die je für die Serengeti und ihre Tiere gekämpft hat – ein Forscher, der mit wissenschaftlicher Akribie, filmischem Talent und unbeugsamem Willen ein ganzes Ökosystem rettete und Millionen Menschen weltweit für den Schutz der afrikanischen Wildnis begeisterte.
