Quelle:AP
Titelbild: Jones,Florida Department of CorrectionsDie Hinrichtung von Victor Tony Jones markierte einen düsteren Meilenstein in der jüngsten Geschichte des US-Bundesstaates Florida, wo sie als die dreizehnte Vollstreckung des Jahres 2025 in die Annalen einging und damit einen neuen Rekord für die meisten Exekutionen in einem einzigen Kalenderjahr aufstellte.
Am 30. September 2025, einem Dienstagabend, der von einer schwülen Hitze in Nordflorida geprägt war, wurde der 64-jährige Victor Tony Jones im Florida State Prison nahe der Kleinstadt Starke durch eine tödliche Injektion hingerichtet. Um 18:13 Uhr Ortszeit wurde er offiziell für tot erklärt, nachdem das tödliche Mittel – eine Kombination aus Sedativa, Paralytika und einem Herzstillstand auslösenden Gift – in seine Venen gepumpt wurde.
Diese Methode, die seit Jahrzehnten in Florida Standard ist, sollte einen schnellen und scheinbar schmerzfreien Tod bringen, doch in Jones‘ Fall zog sich der Prozess über einige Minuten hin, in denen der Gefängnisdirektor mehrmals seinen Namen rief und ihn schüttelte, um eine Reaktion zu provozieren, die jedoch ausblieb. Sein Gesicht verlor rasch an Farbe, während er regungslos auf der Liege lag, und erst als ein Mediziner die Kammer betrat und seinen Tod bestätigte, wurde der Vorhang für die Zeugen geschlossen. Unter den Beobachtern befand sich Irene Fisher, die einzige Tochter der Opfer, die diese Momente mit einer Mischung aus Abschluss und tiefer Trauer erlebte; später äußerte sie gegenüber Reportern, dass sie sich wünschte, ihre Eltern hätten einen ähnlich würdevollen Abschied gehabt, indem sie einfach die Augen schließen und einschlafen könnten, statt des brutalen Endes, das ihnen vor 35 Jahren beschieden war.Der Weg zu diesem Ende begann in einer scheinbar alltäglichen Szene im Dezember 1990, nur wenige Tage vor Weihnachten, in einem kleinen Geschäftslokal am Rande des aufstrebenden Viertels Wynwood in Miami-Dade County.
Jacob „Jack“ Nestor, ein 67-jähriger Erfinder und Bildhauer, der mit Leidenschaft unkonventionelle Kreationen aus Metall und Holz schuf, und seine 66-jährige Frau Matilda „Dolly“ Nestor, die als Sekretärin und unermüdliche Unterstützerin an seiner Seite stand, hatten ihr bescheidenes Unternehmen zu einem Zufluchtsort für Kreativität und harte Arbeit gemacht. Jack war bekannt für seine Großzügigkeit; er engagierte oft Menschen in Not, bezahlte sie tageweise und bot ihnen eine Chance auf ein ehrliches Auskommen, fernab der Straßen von Miami, die in den 1980er und frühen 1990er Jahren von Drogenkriegen und Armut gezeichnet waren. So kam Victor Tony Jones, damals ein 29-jähriger Mann mit einer Vorgeschichte von Kleinkriminalität und Drogenmissbrauch, als Tagesarbeiter in das Geschäft der Nestors. Er war erst seit Kurzem angestellt, als der fatale Streit ausbrach: Jones hatte eine Aufgabe nicht vollständig erledigt, und Dolly verweigerte ihm die volle Bezahlung. In einem Moment rasender Wut, angeheizt durch Kokain und Frustration, griff er zu einem Messer und stach zuerst auf Dolly ein, die tödliche Verletzung am Hals erlitt und blutend zusammenbrach. Jack, der die Schreie seiner Frau hörte, eilte herbei und versuchte, den Angreifer mit einer Pistole zu stoppen, die er in der Werkstatt aufbewahrte; er feuerte und traf Jones in den Oberkörper, bevor auch er in die Brust gestochen wurde und leblos zu Boden sank. Das Paar, das ein Leben voller Liebe und Schaffen geführt hatte, lag nun in einer Lache aus eigenem Blut, während der Laden, der einst von Hammerschlägen und Lachen erfüllt war, in Stille und Chaos versank.
Ein UPS-Fahrer, der zufällig vorbeikam, entdeckte die Grausamkeit und alarmierte die Polizei, die bei ihrer Ankunft Jones verwundet auf einem Sofa vorfand – shirtlos, mit Jacks Pistole unter dem Arm und den Brieftaschen sowie Kreditkarten der Nestors in seinen Taschen. Blut bedeckte den Boden, und Jones, desorientiert vom Schuss und seinen eigenen Taten, wurde ins Krankenhaus gebracht, wo er überlebte, um später vor Gericht gestellt zu werden.Der Prozess gegen Jones im Jahr 1993 war ein Paradebeispiel für die Härte des floridanischen Justizsystems in den 1990er Jahren, einer Zeit, in der die Todesstrafe als ultimative Antwort auf Gewaltverbrechen gefeiert wurde. Die Staatsanwaltschaft präsentierte überwältigende Beweise: Die Tatwaffe, die geraubten Gegenstände und Jones‘ eigene Geständnisse unter dem Einfluss von Schmerzmitteln und Reue. Er wurde zweimal wegen Mordes ersten Grades sowie bewaffneten Raubüberfalls verurteilt, und das Gericht verhängte die Todesstrafe, gestützt auf die besondere Grausamkeit der Doppelmordes an einem älteren Paar, das ihm Vertrauen geschenkt hatte. Jones‘ Anwälte argumentierten mit seiner Drogenabhängigkeit und einer schwierigen Kindheit, doch die Jury sah in ihm einen kalten Räuber, der aus Gier getötet hatte. Die folgenden Jahrzehnte auf dem Death Row im Florida State Prison waren eine Odyssee durch das labyrinthartige System der Berufungen, in denen Jones mehrmals um Haaresbreite dem Henker entkam. Seine Anwälte warfen regelrecht immer neue Argumente auf den Tisch.
Im September 2025, nur Tage vor der Hinrichtung, scheiterte ein letzter Appell vor dem Florida Supreme Court, der auf Jones‘ angebliche geistige Behinderung und Misshandlungen in seiner Jugend hinwies. Als Teenager hatte er in der berüchtigten Arthur G. Dozier School for Boys, einer staatlichen Besserungsanstalt, die später wegen systematischer Folterungen geschlossen wurde, körperliche und sexuelle Übergriffe erlitten – Schläge mit Rohrstöcken, Isolation und Demütigungen, die Spuren in seiner Psyche hinterließen. Doch das Gericht wies den Einspruch ab: Die Frage der Behinderung sei bereits vor Jahren geklärt, und die Missbrauchsvorwürfe seien nie im ursprünglichen Prozess thematisiert worden, was sie nun irrelevant machte. Gouverneur Ron DeSantis, ein entschiedener Befürworter der Todesstrafe, hatte bereits am 29. August den Hinrichtungsbefehl unterzeichnet, und trotz Protesten von Menschenrechtsorganisationen, die Florida als „Execution State“ brandmarkten, gab es kein Zurück.Der Tag der Hinrichtung begann früh und mechanisch, wie in einem gut geölten Ritus des Abschieds. Um 4:30 Uhr morgens wurde Jones in seiner Zelle geweckt, wo er die letzten Stunden mit Gebeten und Reflexionen verbrachte; er traf sich mit einem spirituellen Berater, der ihm Trost spendete, und lehnte weitere Besucher ab, darunter Verwandte, die sich fernhielten. Sein letztes Mahl, eine einfache, tröstliche Mahlzeit aus gebratenem Hähnchen, Collard Greens – jenen herzhaften grünen Blättern, die in der afroamerikanischen Küche Floridas eine Tradition darstellen – und süßem Eistee, spiegelte vielleicht eine nostalgische Erinnerung an bessere Zeiten wider, bevor der Drogennebel und die Armut ihn verschlangen. Jones, der aus einer Familie stammte, die von Armut und Rassismus geplagt war, hatte nie eine formale Abschiedsbotschaft vorbereitet; als der Vorhang zur Todeszelle geöffnet wurde und die Zeugen – darunter Staatsanwälte, Journalisten und Irene Fisher – ihn musterten, starrte er stumm an die Decke, die Augen geschlossen, den Mund versiegelt.
Kein Fluch, kein Flehen, keine Worte der Reue oder Vergebung – nur Stille, die lauter sprach als jeder Monolog. Die Injektion begann pünktlich um 18:00 Uhr, und innerhalb von Minuten erstarb das Leben in ihm, ein Kontrast zu dem Chaos, das er 1990 entfesselt hatte. Für Irene Fisher, die ihre Kindheit in den Schatten dieses Verlusts verbracht hatte, war es ein bittersüßer Moment: „Ich vergebe ihm“, hatte sie zuvor gesagt, doch die Wunden heilten nie vollständig.
Die Exekution von Jones katapultierte Florida an die Spitze der nationalen Statistiken – die 34. in den USA des Jahres, die höchste Zahl seit 2014 – und entfachte erneut Debatten über die Humanität der Todesstrafe, die Rassenvorurteile in ihr verankert sind und die Unumkehrbarkeit von Fehlurteilen. Während die Lichter im Gefängnis erloschen, blieb die Frage hängen.
War Gerechtigkeit gespendet oder nur Rache vollzogen, in einem Kreislauf aus Gewalt, der sich in den Straßen Miamis und den Kammern von Starke ewig zu drehen scheint?
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