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Damals

Die Romanows

Titelbild: Romanows 1913, Newski, Public Domain 

Die Geschichte der Romanows ist eine der dramatischsten und blutigsten Dynastiengeschichten der Welt, ein fast dreihundertjähriges Epos von Aufstieg, Glanz, Verfall und einer Nacht des Grauens, das bis heute nachwirkt. Alles begann 1613, als der sechzehnjährige Michail Fjodorowitsch Romanow in der Ipatjew-Kathedrale von Kostroma von einem versammelten Landtag zum Zaren gewählt wurde. Russland lag nach der Smuta, der „Zeit der Wirren“, in Trümmern: falsche Thronanwärter, polnische Besatzung, Hungersnöte und Kosakenaufstände hatten das Land fast zerrissen. Der junge Michail, Neffe des letzten Rurikiden-Zaren Fjodor I., erschien den Bojaren als Kompromisskandidat – harmlos, fromm und vor allem mit dem richtigen Blut in den Adern. Mit ihm begann die Romanow-Dynastie, die Russland länger regieren sollte als jede andere Familie.In den ersten Jahrzehnten regierten die Romanows noch vorsichtig, fast zurückhaltend. Michail und sein Sohn Alexei Michailowitsch, genannt „der Stillste“, bauten das zerrüttete Reich wieder auf, erweiterten es nach Osten und festigten die Leibeigenschaft, die Russland für Jahrhunderte prägen sollte. Doch der wahre Umbruch kam mit Peter dem Großen. Als Alexeis jüngster Sohn 1682 zunächst gemeinsam mit seinem schwächlichen Halbbruder Iwan V. auf den Thron gehoben wurde, ahnte noch niemand, dass dieser riesenhafte, rastlose Mann Russland aus dem mittelalterlichen Schlaf reißen würde. Nach dem Sturz seiner Halbschwester Sophia 1689 regierte Peter allein und mit eiserner Konsequenz. Er schnitt den Bojaren die Bärte ab, zwang sie in deutsche Kleidung, gründete St. Petersburg als „Fenster nach Europa“, baute eine moderne Flotte und Armee und machte aus dem rückständigen Zarenreich eine europäische Großmacht. Als er 1725 starb, hinterließ er ein Land, das sich selbst kaum wiedererkannte.Nach Peter folgte eine Zeit der Palastrevolutionen und schwacher Herrscher, bis 1762 eine deutsche Prinzessin aus Anhalt-Zerbst den Thron bestieg: Sophie Auguste Friederike, die man fortan Katharina die Große nannte. Sie stürzte ihren Mann Peter III. (einen Romanow nur dem Namen nach) und regierte 34 Jahre lang mit Klugheit, Skrupellosigkeit und enormer Energie. Unter ihr wuchs das Reich bis zum Schwarzen Meer und nach Polen hinein, blühte die Kultur, und die russische Aufklärung erlebte ihre schönste Zeit – gleichzeitig ließ sie die Leibeigenschaft härter werden denn je. Ihr Sohn Paul I., den sie hasste und der sie hasste, regierte nur fünf Jahre, bis er 1801 von Offizieren erdrosselt wurde.

Mit ihm begann die tragische Linie der letzten Romanows.Im 19. Jahrhundert schien das Reich unerschütterlich. Alexander I. besiegte Napoleon, Nikolaus I. erstickte den Dekabristenaufstand und regierte als „Gendarm Europas“, Alexander II. befreite 1861 die Leibeigenen, wurde aber 1881 von Narodnaja Wolja-Anhängern in St. Petersburg in die Luft gesprengt. Sein Sohn Alexander III., ein Koloss von einem Mann, regierte autoritär und friedlich, doch als er 1894 überraschend an einer Nierenentzündung starb, fiel die Krone an seinen völlig unvorbereiteten 26-jährigen Sohn: Nikolai Alexandrowitsch, den letzten russischen Kaiser, Nikolaus II.

Nikolaus II. war ein sanfter, tief religiöser Familienmensch, der lieber Briefmarken gesammelt hätte, als ein 150-Millionen-Volk zu regieren. Er heiratete 1894 die hessische Prinzessin Alix, die als Alexandra Fjodorowna in die Orthodoxie übertrat und ihm vier Töchter schenkte – Olga, Tatjana, Maria und Anastasia – und schließlich 1904 den ersehnten Thronfolger Alexei. Doch Alexei litt an Hämophilie, der „Krankheit der Könige“, die durch Alexandras Großmutter Victoria nach Russland gekommen war. Die Verzweiflung der Eltern öffnete die Tür für Grigori Rasputin, den „heiligen Teufel“, der als einziger die Blutungen des Zarewitsch lindern konnte und damit einen unheiligen Einfluss auf die Zarin und indirekt auf die Politik gewann.Das Reich, das Nikolaus II. übernahm, war ein Riese auf tönernen Füßen. Der verlorene Krieg gegen Japan 1904–1905, der Blutsonntag 1905, die Revolution, die der Zar nur mit Zugeständnissen und später mit Repression überstand, die Katastrophe des Ersten Weltkriegs – alles fraß sich in die Substanz des Staates. Als Nikolaus 1915 selbst das Oberkommando übernahm und an die Front ging, überließ er die Regierung weitgehend der hysterischen, von Rasputin beeinflussten Alexandra. Im Dezember 1916 wurde Rasputin von Adeligen ermordet, doch es war zu spät: Das Volk hungerte, die Soldaten desertierten, und im Februar 1917 brach in Petrograd die Revolution aus.

Am 2. März 1917 (15. März nach neuem Kalender) dankte Nikolaus II. im kaiserlichen Zug in Pskow für sich und seinen Sohn ab. Die 304-jährige Romanow-Herrschaft war zu Ende. Die provisorische Regierung internierte die Familie zunächst im Alexanderpalast in Zarskoje Selo, dann im Gouverneurspalast in Tobolsk. Nach der Oktoberrevolution übernahmen die Bolschewiki die Gefangenen und brachten sie im April 1918 nach Jekaterinburg ins „Haus besonderer Bestimmung“, das Ipatjew-Haus – jenen Ort, an dem einst der erste Romanow-Zar Michail gekrönt worden war.In der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 wurde die Familie geweckt und unter dem Vorwand einer bevorstehenden Evakuierung in den Keller geführt. Dort las der Kommandant Jurovski den Exekutionsbefehl vor. Nikolaus konnte nur „Was?“ rufen, bevor die Kugeln fielen. Er starb sofort, Alexandra und die Kinder wurden von Gewehrsalven und Bajonetten durchbohrt. Alexeis Leiche brauchte mehrere Schüsse ins Gesicht, die Töchter überlebten die erste Salve länger, weil sie Diamanten in die Korsetts eingenäht hatten, die als primitive kugelsichere Westen wirkten. Der Arzt Botkin, die Zofe Demidowa, der Koch Charitonow und der Diener Trupp starben mit ihnen. Danach wurden die Leichen in einen Lastwagen geladen, in den Wald von Koptyaki gebracht, entkleidet, mit Schwefelsäure übergossen und in einem flachen Bergwerksschacht verscharrt. Zwei Körper – vermutlich Maria und Alexei – verbrannte man separat und vergrub sie einige Meter entfernt.Erst 1979 fand eine Gruppe von Enthusiasten unter Alexander Awdonin die Hauptgräberstätte, 1991 und 2007 wurden die Gebeine exhumiert und durch DNA-Tests eindeutig identifiziert. 2000 sprach die Russisch-Orthodoxe Kirche Nikolaus II., Alexandra und die fünf Kinder als „Leidenszeugen“ heilig – eine umstrittene Entscheidung, die bis heute die russische Gesellschaft spaltet. 2008 rehabilitierte das oberste Gericht Russlands die Familie offiziell als Opfer politischer Repression.Heute ruhen die Gebeine der Romanows in der Peter-Paul-Festung in St. Petersburg, neben ihren Vorfahren.

Das Ipatjew-Haus wurde 1977 auf Anordnung von Boris Jelzin, damals Parteichef der Oblast, gesprengt, an seiner Stelle steht seit 2003 die prächtige „Kirche auf dem Blut“. Die Romanows, die 1613 als Retter Russlands begannen, endeten als Symbol für das Ende einer Epoche – ein Märtyrerschicksal, das bis heute fasziniert, bewegt und die Frage stellt, ob Geschichte jemals wirklich gerecht ist.

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