Titelbild: Beispielbild Pixabay
In den hallenden Korridoren des Brüsseler Justus Lipsius-Gebäudes, wo die Luft immer ein wenig nach frisch gedrucktem Papier und unterdrückter Diplomatie riecht, hat sich in den letzten Tagen eine Idee festgesetzt, die wie ein Schatten über die europäische Bühne huscht – der Plan für einen europäischen Geheimdienst, vorangetrieben von niemand Geringerem als Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission.
Es ist November 2025, und die Welt draußen brodelt von Unsicherheiten. Der Krieg in der Ukraine zieht sich hin wie eine offene Wunde, hybride Bedrohungen aus dem Osten lauern in den digitalen Schatten, und selbst die transatlantische Allianz wankt unter den Worten eines möglichen neuen US-Präsidenten, der Europa mahnt, endlich für seine eigene Sicherheit aufzukommen. Inmitten dieses Chaos sitzt von der Leyen in ihrem Büro im Berlaymont-Gebäude, umgeben von Beratern, die Karten mit Bedrohungslinien zeichnen und Szenarien durchspielen, die von Cyberangriffen bis hin zu verdeckten Spionagen reichen.
Sie, die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin mit dem scharfen Blick für geopolitische Schachzüge, sieht in einem zentralen Geheimdienst nicht nur eine Notwendigkeit, sondern eine Chance, die EU aus ihrer Rolle der ewigen Bittstellerin in die einer eigenständigen Macht zu heben.Der Ursprung dieser Initiative reicht tiefer zurück als die jüngsten Schlagzeilen. Schon vor Jahren, als die Welt noch von der Pandemie gezeichnet war und Russlands Aggression in der Ukraine gerade erst ihre volle Wucht entfaltete, hatte von der Leyen in ihren State of the Union-Reden angedeutet, dass Europa mehr tun müsse, um seine Intelligenz zu bündeln. Damals sprach sie von einem „Lage- und Analysezentrum“ für Geheimdienste, ein vager Vorschlag, der wie ein Samen in den fruchtbaren Boden der bürokratischen Diskussionen fiel. Doch nun, im Herbst 2025, keimt er auf zu etwas Konkretem, Greifbarem. Berichten zufolge, die in der Financial Times und anderen Medien durchsickern, plant die Kommission eine neue Einheit direkt im Generalsekretariat, das von der Leyen persönlich beaufsichtigt wird. Diese Zelle soll keine Armee von Agenten in Trenchcoats umfassen, die durch die Straßen Europas schleichen – nein, es geht um Koordination, um das Sammeln und Analysieren von Informationen, die aus den nationalen Diensten der 27 Mitgliedstaaten fließen. Experten aus dem BND in Berlin, dem MI6 in London, dem DGSE in Paris oder dem slowakischen SIS sollen abkommandiert werden, eine Handvoll vielleicht, aber genug, um ein Netz zu weben, das Lücken in der europäischen Sicherheitsarchitektur stopft. Stellen Sie sich vor ein Raum in Brüssel, beleuchtet von Bildschirmen, auf denen Datenströme aus aller Welt zusammenlaufen – Satellitenbilder von der Ostflanke, abgefangene Kommunikationen aus hybriden Kriegszonen, Analysen zu Desinformationskampagnen, die von Moskau aus gesteuert werden. Hier würde nicht nur gesammelt, sondern auch synthetisiert, um strategische Empfehlungen zu liefern, die von der Leyen und ihre Kommissare direkt in Entscheidungen einfließen lassen.Doch warum jetzt, warum so drängend?
Die Antwort liegt in der Geopolitik, die sich wie ein Schraubstock um Europa schließt. Der Ukraine-Krieg hat die Illusion einer friedlichen Nachbarschaft zerschlagen; er hat gezeigt, wie verletzlich die EU ist, wenn nationale Geheimdienste ihre Erkenntnisse in Silos hüten, aus Misstrauen oder bürokratischen Hürden heraus. Erinnern Sie sich an die Vorfälle: Spione, die als EU-Diplomaten getarnt durch die Hallen schleichen, wie der ungarische Fall, der kürzlich aufgedeckt wurde, oder die Cyberangriffe, die Wahlen in mehreren Ländern zu sabotieren drohen. Von der Leyen, die in ihrer Amtszeit schon ein „Security College“ für Kommissare eingerichtet hat, Waffenlieferungen an Kiew koordiniert und das Iris²-Satellitenprojekt vorangetrieben hat, sieht darin eine Lücke, die gefüllt werden muss. Und da ist die Stimme aus Washington. Sollte Donald Trump zurückkehren, wie es die Umfragen andeuten, könnte die NATO-Hilfe schwinden, und Europa müsste allein stehen. Ein eigener Geheimdienst wäre dann nicht Luxus, sondern Überlebensstrategie – ein Werkzeug, um mit den USA auf Augenhöhe zu verhandeln, eigene Intelligenz zu teilen, statt nur zu empfangen. Von der Leyen, die Frau mit dem militärischen Hintergrund, argumentiert leise, aber bestimmt: Europa muss hybride Bedrohungen abwehren, von Desinformation bis zu Sabotageakten, und dafür braucht es eine zentrale Stelle, die über nationale Grenzen hinweg denkt. Natürlich ist dieser Plan kein solitärer Geniestreich von der Leyen; er passt in eine längere Tradition europäischer Sicherheitsbestrebungen. Seit den 1970er Jahren gibt es in Brüssel das EU Intelligence and Situation Centre, das INTCEN, ein bescheidenes Büro mit hundert Mitarbeitern, das Analysen liefert, aber keine eigenen Spione hat. Ergänzt wird es durch die Single Intelligence Analysis Capacity, die SIAC, eine Art Sammelstelle für nationale Inputs. Doch diese Strukturen, dem Europäischen Auswärtigen Dienst (EEAS) unterstellt, gelten als zu fragmentiert, zu abhängig von der Kooperation der Mitgliedstaaten. Von der Leyens Vorschlag zielt darauf ab, das ins Kommissionshaus zu holen – ein Schachzug, der nicht nur Effizienz verspricht, sondern auch Macht verschiebt. Denn der EEAS fällt unter Kaja Kallas, die estnische Außenbeauftragte, eine scharfsinnige Diplomatin mit osteuropäischem Gespür für Bedrohungen aus dem Osten. Und hier lauert der Unterton, der die Brüsseler Luft elektrisiert, ein Machtkampf, der eskaliert wie ein unterirdisches Feuer. Kallas, die schon in ihren Reisen wie eine Generalin agiert, sieht in diesem Plan eine Erosion ihrer Autorität; Diplomaten flüstern von Rivalitäten, von von der Leyens Hang, Zuständigkeiten zu zentralisieren, um ihre eigene Position als „Königin der EU“ zu festigen. Die neue Einheit würde der Kommission direkten Zugriff auf sensible Daten geben, unabhängig vom EEAS, und das in einer Zeit, da von der Leyen um ihre Wiederwahl für eine zweite Amtszeit ringt. Es ist, als wollte sie ein eigenes Schwert schmieden, scharf und unabhängig, um in den Verhandlungen mit Weltmächten nicht entwaffnet dazustehen.Die Reaktionen aus den Mitgliedstaaten sind ein Mosaik aus Skepsis und offener Kritik, das die Komplexität europäischer Integration widerspiegelt. Vertreter aus Berlin, Paris und anderen Hauptstädten runzeln die Stirn: Warum eine neue Schicht Bürokratie aufbauen, wenn SIAC und INTCEN schon funktionieren?
„Es ist ein Geben und Nehmen“, sagen Kommissionsmitarbeiter, „und die Kommission hat mehr zu bieten, als sie nimmt.“ Doch Länder wie Ungarn oder Polen, mit ihren sensiblen nationalen Diensten, fürchten eine Zentralisierung, die Souveränität untergräbt – ein Echo der Debatten um die Fiskalpakte oder die Migrationspolitik. Die Grünen in Deutschland, die einst mehr Kontrolle forderten, sehen nun mit gemischten Gefühlen zu; CDU-Politiker wie Roderich Kiesewetter nicken zustimmend, warnen aber vor Fesseln, die die neuen Strukturen lähmen könnten. Und die Linke? Sie lehnt ab, riecht den Duft unkontrollierbarer Macht in Brüssel. Rechtlich ist der Weg holprig: Die EU-Verträge sind in Sicherheitsfragen vage, nationale Geheimdienste bleiben Hoheitsgebiet, und jede Erweiterung der Kompetenzen erfordert Konsens unter 27 Staaten.
Eine Sprecherin der Kommission wiegelt ab – es sei noch „embryonal“, nur eine Handvoll Experten, ergänzend, nicht ersetzend. Doch die Zweifel nagen.
Wird diese Einheit wirklich hybride Angriffe abwehren, oder dient sie vor allem dem internen Machtgefüge?
Trotz des Widerstands pulsiert in diesem Plan eine Vision, die Europa reifer machen könnte. Stellen Sie sich eine EU vor, in der Intelligenz nicht als nationales Gut gehortet, sondern als gemeinsames Gut geteilt wird – wo Algorithmen Muster in Desinformationsströmen erkennen, bevor sie Gesellschaften spalten, und wo Warnungen vor Sabotageakten präzise und rechtzeitig eintreffen. Von der Leyen, mit ihrem unermüdlichen Drive, drängt voran, Gespräche werden geführt, Konzepte geschmiedet, Fristen sind offen, aber der Schwung ist da. Es ist riskant, ja, ein Tanz auf dem Seil zwischen Souveränität und Union, zwischen Notwendigkeit und Übergriffigkeit. Doch in einer Welt, da Bedrohungen keine Grenzen kennen, könnte dieser Geheimdienst der Schlüssel sein, der Europa von einem weichen Riesen zu einem wachsamen Wächter macht. Die Sonne geht über Brüssel unter, die Lichter im Berlaymont flackern an, und in den Schatten webt sich Geschichte – leise, unsichtbar, aber unaufhaltsam.
