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Cold Case Uncategorisiert

Das Rätsel um die Oslo- Plaza Frau bleibt ungelöst

Titelbild: Kripos Norge 

Am 31. Mai 1995 betrat eine elegante junge Frau mit kurz geschnittenem schwarzem Haar und blauen Augen das nobelste Hotel Oslos, das Oslo Plaza. Sie checkte unter dem Namen Jennifer Fairgate ein, begleitet von der Angabe, ein Mann namens Lois Fairgate werde ihr folgen.

Sie hatte eine anstrengende Reise hinter sich, die die Unbekannte wahrscheinlich getrennt von ihrem späteren Begleiter bewältigt hatte.

Der wahrscheinlichste Weg war:

Sie verließ Berlin, nur mit einer Ledertasche, Bargeld und einer Pistole ohne Seriennummer. U-Bahn, Regionalzug nach Hamburg, dann der Express nach Kopenhagen, Fähre nach Helsingborg. Belgischer Pass, Name Jennifer Fergate, Adresse erfunden. Es wurde damals nur lax kontrolliert.
In Schweden wechselte sie in den damaligen Intercity nach Oslo. Grenzkontrolle. Ein kurzer Blick, Stempel, durch. Keine Fragen. Dann Zug nach Oslo bis zur Sentralstasjon, wo sie ausstieg. Von da aus waren es nur noch ein paar hundert Meter zum Oslo Plaza, dem Glasmonstrum.
Check-in, falscher Name, Zimmer 2805.

 

Sie war schlank, etwa 1,59 Meter groß, trug schwarze Kleidung von Marken wie René Lezard oder C&A, sprach fließend Deutsch mit einem leichten ostdeutschen Akzent und Englisch ohne erkennbaren Dialekt und sie hinterließ eine Adresse im belgischen Verlaine, die sich später als erfunden herausstellte.

Kein Ausweis, keine Kreditkarte, kein Gepäck mit persönlichen Spuren – nur ein kleiner schwarzer Koffer mit über dreißig Schuss Munition für eine Browning-9-mm-Pistole und Kleidungsstücke, aus denen sämtliche Etiketten sorgfältig entfernt worden waren, als wollte sie jede Spur zu Herkunft oder Einkaufsort tilgen.

Drei Tage lang hing das „Do not disturb“-Schild an Zimmer 2805, bis ein Sicherheitsmann am Abend des 3. Juni einen dumpfen Knall hörte, die Tür aufbrach und die Frau tot auf dem Bett fand. Eine einzige Kugel im Kopf, die Pistole in ihrer rechten Hand, Blutspritzer bis zur Decke, doch auffällig wenig Rückstände an ihren Fingern und kein Blut an der Schusshand selbst.

Auffällig war zu dem, dass Teile der Kleidung, die das Housekeeping beim Einchecken gesehen hatte, spurlos verschwunden waren – entfernt offenbar von jemandem, der systematisch alles beseitigte, was auf eine echte Identität oder einen verborgenen Transport hinweisen könnte.

Genau diese präzise, fast routinierte Art der Spurenverwischung – das akribische Entfernen von Labels, das Reisen mit falschen Namen, das Vermeiden jeglicher Zahlungsnachweise – ließ Ermittler von Anfang an vermuten, dass diese Reise nach Oslo für die Unbekannte keineswegs die erste war.  Sie bewegte sich mit der Gelassenheit einer Frau, die den Ablauf kannte, die wusste, wie man unsichtbar bleibt, wie man Luxushotels als neutrale Übergabepunkte nutzt und wie man im Notfall alles opfert, um die Fracht zu schützen.

Die norwegische Polizei klassifizierte den Tod zunächst als Selbstmord, doch schon die ersten Untersuchungen warfen Fragen auf, die bis heute nicht verstummen, und sie nähren eine Theorie, die sich mit jedem Detail verdichtet.

Die Unbekannte war sehr wahrscheinlich in den internationalen Schmuggel von Kunst und Antiquitäten verwickelt, jenem milliardenschweren Schattenmarkt, in dem gestohlene Skulpturen, Vasen oder Reliquien aus Krisengebieten über diskrete Kurierinnen, wie sie nach Europa geschleust werden.

Das akribische Herausschneiden aller Etiketten aus ihrer Garderobe – ein Markenzeichen professioneller Schmuggler, die verhindern wollen, dass Zollbeamte über Seriennummern oder Hersteller auf Lieferketten stoßen – und das plötzliche Verschwinden weiterer Kleidungsstücke sowie eines zweiten Koffers, deuten darauf hin, dass sie nicht nur ihre eigene Spur verwischen, sondern auch einen wertvollen Inhalt transportieren wollte, der nach ihrem Tod eilig geborgen werden musste.

In den Neunzigern, als der Kunstschmuggel aus dem zerfallenden Jugoslawien, aus Krisenherden im Nahen Osten oder aus osteuropäischen Sammlungen boomte, waren solche „sauberen“ Kurierinnen gefragt. Frauen mit falschen Pässen, die in Luxushotels abstiegen, um unauffällig Kontakte zu knüpfen, und die bei Gefahr alles opferten, um die Ware nicht preiszugeben. Warum sonst die überzählige Munition, die wie ein Absicherungspaket für riskante Übergaben wirkt, und warum die vergeblichen Anrufe nach Belgien, einem Drehkreuz für den europäischen Antiquitätenhandel?

Ihre Souveränität beim Check-in ohne Kreditkarte, das selbstbewusste Verlängern des Aufenthalts am nächsten Morgen, das großzügige Trinkgeld für das Zimmermädchen – all das strahlte die Routine einer Frau aus, die diese Route schon mehrmals geflogen oder gefahren war, die wusste, dass Oslo ein sicherer Knotenpunkt zwischen Hamburg, Brüssel und skandinavischen Sammlern war, und die gelernt hatte, dass drei Tage ausreichten, um eine Übergabe abzuwickeln, ohne je Spuren zu hinterlassen.

Genau zu diesem Zeitpunkt, im Frühsommer 1995, war das Oslo Plaza Schauplatz geheimer Vorbereitungstreffen für das Oslo-II-Abkommen zwischen Israel und der PLO, das am 28. September in Washington unterzeichnet werden sollte – ein Abkommen, das das Westjordanland in A-, B- und C-Zonen teilte und das Hotel zu einem Magneten für Diplomaten, Sicherheitsleute und Schattenakteure machte, darunter Agenten aus aller Welt, die die Verhandlungen beobachteten oder störten wollten.

Pathologen schätzten ihr Alter auf etwa 24 Jahre, korrigierten es später auf rund 30, und eine aufwändige Isotopenanalyse ihrer Zähne – durchgeführt nach der Exhumierung 2016 – ergab, dass sie in ihrer Kindheit und Jugend höchstwahrscheinlich in Ostdeutschland aufwuchs, möglicherweise in der Region um Berlin, Brandenburg oder Thüringen, bevor sie als Teenagerin in ein französischsprachiges Gebiet zog, vielleicht an die belgisch-französische Grenze. Auch an die Grenze zwischen Luxemburg, Deutschland Frankreich und Belgien ist denkbar.

Genau diese Biografie passt zu den Netzwerken, die nach dem Mauerfall entstanden.

Ehemalige DDR-Bürgerinnen, die über alte Stasi-Kontakte oder neue kriminelle Bünde in den lukrativen Handel mit Kulturgütern einstiegen, die aus Kriegsgebieten oder verlassenen Museen stammten.

Die teure Gold-Porzellan-Zahnarbeit, typisch für Westeuropa oder die USA, die Batterien ihrer Citizen-Aqualand-Uhr, die im März 1995 im Hamburger Kaufhaus Hertie gekauft worden sein könnten, und der Travelite-Koffer aus norddeutscher Produktion – all das sind Bruchstücke, die auf eine Reisende hinweisen, die regelmäßig zwischen Hamburg, Benelux und Skandinavien pendelte, wo Oslo als neutraler Umschlagplatz für Schmuggelware diente.

Hotelmitarbeiter erinnerten sich an eine kultivierte, zurückhaltende Frau, die einmal ein üppiges Trinkgeld für den Zimmerservice gab und zweimal vergeblich nach Belgien telefonierte Doch niemand sah je den mysteriösen Lois Fairgate, der angeblich mit ihr reiste – vielleicht ein Codewort für einen Hehler oder ein Deckname für die Ware selbst.

Ihre Gelassenheit, als sie am Freitagmorgen einfach zwei neue Schlüsselkarten anforderte und den Aufenthalt verlängerte, sprach Bände. Sie war keine nervöse Amateurin auf ihrer Premiere, sondern eine Profi-Kurierin, die wusste, dass Verzögerungen dazugehören, dass man ruhig bleibt, bis der Kontakt eintrifft, und dass man im Worst Case allein klarkommt. War ihre Anwesenheit gerade jetzt, während israelische und palästinensische Unterhändler im selben Hotel logierten, reiner Zufall – oder diente der Medienrummel um die Friedensgespräche als perfekte Ablenkung für eine Übergabe, die niemand bemerken sollte?Trotz intensiver Suche in internationalen Vermisstendatenbanken, darunter Interpol und nationale Register in Belgien, Deutschland und der Schweiz, tauchte keine passende Frau auf – keine 20- bis 30-Jährige aus Hamburg oder anderswo, die 1995 spurlos verschwand und deren Beschreibung auf die Plaza-Frau passte. Die Polizei, die in den 1990er-Jahren Dutzende Fälle junger Frauen bearbeitete, von Entführungen bis zu freiwilligen Verschwinden, fand keine Übereinstimmung. Keine Akte aus St. Pauli, Altona oder Eimsbüttel, keine Spur einer Jennifer, Jenny oder ähnlich klingenden Person, die mit einem falschen Pass nach Norwegen gereist sein könnte.

Und obwohl die norwegischen Ermittler Phantombezeichnungen in Zeitungen veröffentlichten, Interpol-Alben verschickten und sogar Zahnärzte in halb Europa kontaktierten, meldete sich leider niemand – weder aus einem anderen Hotel in Skandinavien, noch aus dem Ausland –, der die Frau zuvor schon einmal gesehen haben wollte. Kein Rezeptionist aus Brüssel, kein Barkeeper aus Hamburg, kein Flugbegleiter auf der Strecke Oslo–Frankfurt, der schwor: „Die war letztes Jahr bei uns, unter einem anderen Namen.“

Diese absolute Leere an Wiedererkennungen ist das vielleicht bedrückendste Indiz für ihre Professionalität. Eine Kurierin, die so unsichtbar reiste, dass selbst nach ihrem Tod niemand ihre Silhouette in der Erinnerung wiederfand. Selbst ihre Fingerabdrücke, die die Polizei akribisch von Glas, Chipstüte, Parfümflasche und drei Cola-Flaschen sicherte und sofort an Interpol schickte, ergaben keinen einzigen Treffer – weder in norwegischen Registern noch international, weder als Kriminelle noch als Vermisste, weder 1995 noch bei den erneuten Abfragen 2016 und 2018; sie existierten einzig in der norwegischen Cold-Case-Akte, sonst nirgends auf der Welt, ein weiterer Beweis dafür, wie gründlich sie sich aus allen Systemen gelöscht hatte, jahrelang mit falschen Pässen unterwegs, ohne je polizeilich aufzufallen.

Doch der größte Schatten in diesem Fall ist der Mann, den sie als Begleiter angab: Lois Fairgate, ein Name, der ebenso falsch war wie ihrer, ein Phantom, das sich in Luft auflöste, sobald die Rezeption die Schlüsselkarten aushändigte. Es gibt keine Spuren zu ihm – keine Fingerabdrücke, keine Schlüsselkarten-Nutzung, keine Telefonanrufe, keine Zeugenaussage, die ihn je im Zimmer oder im Flur gesehen hätte, und schon gar keine Beschreibung jenseits vager Erinnerungen. Ein Rezeptionist meinte, einen dunkelhaarigen Mann Ende 30, vielleicht 1,85 Meter groß, an ihrer Seite gesehen zu haben, als sie beim Check-in stand oder später Geld wechselte, doch ein anderer Kollege schwor, sie sei allein gewesen; ein dritter erinnerte sich an nichts. Lois Fairgate tauchte nie wieder auf, weder in Belgien noch in Deutschland, weder in Hotelregistern noch in Fluggastlisten – er war buchstäblich nie da, zumindest nicht nachweisbar, und doch hatte sie seinen Namen notiert, als wäre er der Schlüssel zu allem: Vielleicht ihr Komplize, der die Ware barg und floh, vielleicht ihr Auftraggeber, der sie liquidierte, vielleicht nur ein Deckname, um ein zweites Bett zu rechtfertigen und die Rezeption zu täuschen.

Die norwegische Polizei suchte ihn jahrelang, schaltete Interpol ein, prüfte jede männliche Vermisstenmeldung aus Europa – nichts.

Kein Foto, kein Pass, kein Akzent, kein Alter jenseits grober Schätzungen, kein einziger Mensch, der je sagte: „Den kenne ich.“ Lois Fairgate ist der unsichtbarste Mensch in einem Fall voller Geister, ein Mann ohne Gesicht, ohne Fußabdruck, ohne Existenz – und genau das macht ihn zum perfekten Partner einer Frau, die sich selbst auslöschte.Stattdessen verdichteten sich Indizien auf eine Herkunft aus der ehemaligen DDR. Die Handschrift ließ auf Schulunterricht im Ostblock schließen, der Akzent auf eine Prägung in Brandenburg und die Isotopenwerte deuteten auf Wasser und Nahrung aus dem ostdeutschen Raum hin.

Doch genau hier liegt das Rätsel begraben. In den Wirren der Wendezeit verschwanden Tausende Akten, Menschen wechselten Identitäten und manche, die im Westen neu anfingen, löschten bewusst ihre Vergangenheit, um in Schattenmärkten wie dem Antiquitätenschmuggel unterzutauchen. War sie eine ehemalige Stasi-Mitarbeiterin, die nach dem Mauerfall untertauchte und ihre Kontakte nutzte, um gestohlene Kunst aus dem Osten nach Westeuropa zu schleusen? Eine Kurierin in einem Netzwerk, das kleine, unauffällige Pakete – vielleicht in doppelten Kofferböden versteckt – von Hamburg über Oslo nach Brüssel brachte, wo der Handel mit „blutigen Antiquitäten“ florierte?

Das Verschwinden ganzer Gepäckstücke nach ihrem Tod spricht dafür, dass ein Komplize Zugang hatte, der die Ware rettete, während die Polizei noch rätselte – ein Ablauf, der nur funktioniert, wenn alle Beteiligten ihn schon Dutzende Male geprobt haben. Und war der wahre Grund für ihre Reise gerade die Israel-PLO-Konferenz im selben Haus?

Nutzte sie den Trubel um die geheimen Treffen – bei denen Mossad-Agenten, palästinensische Sicherheitsleute und internationale Beobachter ein- und ausgingen – als perfekte Tarnung, um eine Lieferung abzuwickeln, die niemand mit Politik in Verbindung bringen würde?

Die norwegischen Ermittler durchforsteten deutsche Datenbanken wiederholt, schalteten die Bild-Zeitung ein, die 2018 mit Phantomzeichnungen und der Überschrift „Wer kennt die Tote von Zimmer 2805?“ appellierte, und kontaktierten Zahnärzte in Berlin und Hamburg – ohne Erfolg. Bis heute, dreißig Jahre später, ruht die Plaza-Frau in einem anonymen Grab auf dem Vestre Gravlund in Oslo, ihre DNA liegt in norwegischen Archiven, doch eine genealogische Suche, wie sie in den USA Cold Cases löst, ist rechtlich blockiert.

Kein Elternteil, keine Geschwister, kein Freund meldete je eine junge Deutsche aus Hamburg oder Ostberlin als vermisst, die im Frühsommer 1995 nach Skandinavien reiste.
Die Vermisstendatenbanken, von der BKA-Zentrale bis zu lokalen Polizeiakten in der Hansestadt, listen Dutzende Namen auf – Nancy aus Toddin, Inna aus Schnelsen, Hilal aus Langenhorn –, doch keine trägt die Züge der Frau, die sich Jennifer nannte und deren letzter Atemzug in einem Luxuszimmer verhallte. Vielleicht war sie eine von jenen, die nie offiziell verschwanden, weil sie bereits Jahre zuvor ihre Spuren verwischten, oder ihre Liebsten schwiegen aus Angst, Scham oder Unwissen – oder weil sie Teil eines größeren Rings waren, der bis heute aktiv ist und jede Verbindung kappt.

Das Oslo-Plaza-Mysterium bleibt ein Mahnmal dafür, wie gründlich ein Mensch sich selbst auslöschen kann, wenn er in den Strudeln des Kunstschmuggels gefangen ist – und wie machtlos selbst moderne Forensik ist, wenn niemand sucht und die Ware längst in dunklen Sammlungen oder auf Auktionen unter falschen Provenienzen weiterwandert, während die Kurierin, die sie das letzte Mal trug, schon auf ihrer nächsten, nie dokumentierten Reise war und ihr unsichtbarer Begleiter Lois Fairgate für immer ein Name ohne Gesicht bleibt, geschützt vom Chaos einer Konferenz, die die Welt veränderte.

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