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Über Heinz Rühmann

Titelbild: Rühmann, 1946, Roger und Renate Rössing, Lizenz 3.0

Heinz Rühmann, der scheinbar unantastbare Publikumsliebling des deutschen Kinos, der mit seinem harmlosen Lächeln und seinen tollpatschigen Heldenfiguren über Jahrzehnte das Bild des „kleinen Mannes“ prägte, steht bei genauerer Betrachtung seiner Biografie in einer düsteren Schattenwelt der Opportunität und stillschweigender Kollaboration mit dem NS-Regime.

Geboren 1902 in Essen, stieg er in der Weimarer Republik rasch zum Star auf, doch nach der Machtübernahme der Nazis 1933 wählte er nicht den Weg des Widerstands oder der Emigration, sondern den der Anpassung – eine Entscheidung, die ihm nicht nur eine ungebremste Karriere, sondern auch materielle und soziale Privilegien einbrachte, die auf der Ausbeutung und Verfolgung anderer beruhten.

Diese Nähe zum Regime, die er bis zu seinem Tod 1994 vehement abstritt und als bloße Notwendigkeit der Zeit darstellte, wird heute – insbesondere im Licht einer kürzlichen Studie des Münchner Instituts für Zeitgeschichte – als systemloyale Mitläuferschaft entlarvt, die die subtilen Mechanismen der NS-Propaganda perfekt bediente und damit die Normalisierung des Grauens förderte.

Schon frühzeitig positionierte sich Rühmann als willfähriger Nutznießer des Systems. Er war kein überzeugter Ideologe, kein NSDAP-Mitglied, das sich in Parteifunktionen vergrub, sondern ein zynischer Karrierepragmatiker, der die Grenzen des Erlaubten auslotete, ohne je öffentlich zu protestieren. Seine enge Verbindung zu Joseph Goebbels, dem Propagandaminister, der die Filmindustrie als Werkzeug der Ideologieeinpflanzung instrumentalisierte, ist hier emblemisch. Rühmann gehörte zu einem „kleinen Kreis um den Propagandaminister“, wie es in Goebbels‘ Tagebüchern heißt, und erhielt regelmäßig Sonderbehandlung: 1936, als er wegen seiner jüdischen Ehefrau Maria Bernheim auf einer „Judenliste“ der Reichsfilmkammer stand und damit ein Berufsverbot drohte, griff Goebbels ein. „Heinz Rühmann klagt uns sein Eheleid mit einer Jüdin. Ich werde ihm helfen.

Er verdient es, denn er ist ein ganz großer Schauspieler“, notierte der Minister am 6. November 1936. Diese „Hilfe“ mündete in die Scheidung von 1938 – eine der schmerzlichsten Kontroversen in Rühmanns Leben, die als ultimativer Akt der Feigheit und des Verrats gilt. Offiziell sollte die Trennung Maria Bernheim schützen, indem Rühmann ihr eine Scheinehe mit dem schwedischen Schauspieler Rolf von Nauckhoff ermöglichte und sie mit Geld aus dem Ausland unterstützte. Doch Kritiker sehen darin primär einen egoistischen Schachzug: Rühmann, der „arische“ Star, opferte seine jüdische Partnerin, um seine Karriere zu sichern, und feierte kurz darauf mit seiner neuen Frau Hertha Feiler Hochzeit – Bernheim war sogar als Gast anwesend, was die Heuchelei unterstreicht.

Historiker wie Bernhard Gotto betonen, dass diese Scheidung Rühmanns Wiederaufnahme in die Reichsfilmkammer am 18. Januar 1939 ermöglichte und ihm den Weg ebnete, weiterhin als einer der bestbezahlten Schauspieler des Reiches zu glänzen, während Bernheim im Exil ums Überleben kämpfen musste.

Solche Episoden enthüllen Rühmann nicht als Retter, sondern als Profiteur der rassistischen Gesetze, der die Verfolgung seiner Mitmenschen ignorierte, solange sie seine eigene Position nicht bedrohte.Seine Filmografie in der NS-Zeit ist ein Paradebeispiel für die perfide Kunst der indirekten Propaganda, die Goebbels so meisterhaft orchestrierte: Unterhaltsfilme, die harmlos wirkten, aber unterschwellig das Regime glorifizierten. Rühmanns Rollen als pfiffiger Durchschnittstyp – der kleine Mann, der durch List und Glück obsiegt – dienten als Vehikel, um den „typischen Deutschen“ zu idealisieren: unpolitisch, brav, aber letztlich loyal zum System. Filme wie „Quax, der Bruchpilot“ (1941) sind hier besonders skandalös: Darin verkörpert Rühmann einen tollpatschigen Zivilisten, der zum Luftwaffenhelden avanciert – eine Komödie, die Rekrutierung und militärische Hingabe als lustigen Abenteuerroman verhüllte.

Historiker wie Wolfgang Benz nennen das „indirekt-manipulative Propaganda“, die Millionen in die Kinos lockte und den Kriegsgeist schürte. Adolf Hitler selbst liebte den Film so sehr, dass er ihn mehrmals im Führerhauptquartier vorführen ließ. Ähnlich propagandistisch aufgeladen war „Wunschkonzert“ (1940), in dem Rühmann eine tragikomische Figur spielte, die die „Volksgemeinschaft“ im Krieg verherrlichte, oder „Der Gasmann“ (1941), der Spionageverdacht thematisierte und Ängste vor „Feinden des Reiches“ schürte. Selbst sein Meisterwerk „Die Feuerzangenbowle“ (1944) – heute ein Kultklassiker – entstand unter dem Regime und wurde nur durch Rühmanns Intervention bei Hermann Göring uraufgeführt, nachdem NS-Kreise es als „dekadent“ verbieten wollten.

Er schleppte den Film sogar in die Wolfsschanze, wo Göring und Hitler die Freigabe besiegelten. Und als Krönung: Rühmann führte 1940 Regie bei einem privaten „Geburtstagsfilm“ für Goebbels, der den idyllischen Alltag der Goebbels-Kinder inszenierte – eine widerliche Hommage an den Mann, der Millionen Todesurteile unterzeichnete. Goebbels war „sehr gerührt“, notierte er. Solche Akte der Gefälligkeit machten Rühmann nicht zum offiziellen Propagandagesicht wie Leni Riefenstahl, aber genau das war seine Stärke: Er war der smarte Mitläufer, der das Regime humanisierte, indem er es unterhielt.Die materiellen Vorteile, die Rühmann aus dieser Nähe zog, sind atemberaubend und unterstreichen die moralische Bankrotterklärung. Als „Staatsschauspieler“ entging er dem Wehrdienst – er absolvierte nur eine harmlose Ausbildung als Abwehrflieger – und landete im August 1944 auf der „Gottbegnadeten-Liste“, die Goebbels für seine Lieblingskünstler führte. Jährliche Sonderzahlungen aus einem Geheimfonds Hitlers in Höhe von 20.000 bis 60.000 Reichsmark flossen ihm zu, eine Summe, die heute Millionen entspräche. Und dann die Arisierung: 1938 erwarb er eine Villa am Kleinen Wannsee für einen Spottpreis von der Witwe des jüdischen Kaufhausbesitzers Adolf Jandorf, der vor den Nazis geflohen war – ein klares Beispiel, wie Rühmann direkt von der Enteignung und Vertreibung profitierte.

Er denunzierte niemanden öffentlich, distanzierte sich aber auch nie; stattdessen pflegte er Beziehungen zu Figuren wie Göring, der ihm bei der Scheidung riet. Als 1940 Gerüchte aufkamen, er wolle auswandern, wurde er von Goebbels‘ Apparat untersucht – und erklärte sich „positiv“. Diese Passivität war Komplizenschaft: Indem Rühmann weitermachte, legitimierte er das System und trug dazu bei, dass die UFA, der zentrale Propagandaapparat, florierte.Die Nachkriegszeit enthüllt die Heuchelei noch schärfer. Rühmann wurde in der Entnazifizierung 1946 sang- und klanglos freigesprochen – „Keine Bedenken gegen eine weitere künstlerische Betätigung“ – und baute nahtlos seine Karriere wieder auf, nun als Symbol der „Wiederauferstehung“ des deutschen Films. Er beriet sogar die sowjetische Besatzungszone und die Gruppe Ulbricht beim Aufbau der DEFA. Dokumentationen wie „Hitlers nützliche Idole“ (ZDF, 2007) rissen die Wunde wieder auf, doch erst 2025, im Zuge einer Studie des Instituts für Zeitgeschichte, die die NS-Belastungen von 89 Filmgrößen untersuchte, kam die Abrechnung: Rühmann wurde als „NS-belastet“ oder „NS-konform“ eingestuft und verlor posthum die Ehrenmedaille der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), die ihm 1972 verliehen worden war.

Zusammen mit Figuren wie Riefenstahl und Olga Tschechowa – allesamt Profiteure des Regimes – wurde dies als „Korrektur historischer Fehlentscheidungen“ bezeichnet, um gegen aufkeimenden Rechtsextremismus zu signalisieren. Historiker wie Gotto betonen: Rühmann war kein Nazi im klassischen Sinne, aber seine „systemloyale“ Haltung, gepaart mit der Annahme von Privilegien von Hitler, Goebbels und Göring, machte ihn zum Mitwirkenden an der Normalisierung des Unnormalen.Letztlich ist Rühmanns Vermächtnis ein Mahnmal der Ambivalenz: Seine Filme unterhalten noch immer Generationen, doch sie tragen den Makel der Lüge. Er war der Prototyp des „braven Deutschen“, der mit einem Augenzwinkern mitmachte, während um ihn herum der Terror tobte – ein kleiner Mann mit großer Schuld, dessen Charme die dunkle Seite lange verhüllte, aber heute nicht mehr täuscht. In einer Zeit, in der Rechtsextremismus wieder erstarkt, erinnert diese Neubewertung daran, dass Unschuld keine Ausrede für Schweigen ist.

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