Titelbild, Comedian Harmonists, 1930, Public Domain
Die Comedian Harmonists waren eine der populärsten und einflussreichsten Vokalgruppen der 1920er- und frühen 1930er-Jahre, deren einzigartiger Musikstil und charismatische Bühnenpräsenz sie zu einem kulturellen Phänomen in Deutschland und darüber hinaus machten. Gegründet 1927 in Berlin, bestand die Gruppe aus sechs Mitgliedern. Harry Frommermann (Tenor), Ari Leschnikoff (Tenor), Erich Collin (Tenor), Roman Cycowski (Bariton), Robert Biberti (Bass) und Erwin Bootz (Pianist). Ihr Repertoire umfasste eine breite Palette von Liedern, von humorvollen Schlager-Interpretationen über Volkslieder bis hin zu raffinierten Bearbeitungen klassischer Musik, die sie mit präziser Harmonik, jazzigen Elementen und einem unverwechselbaren Charme vortrugen. Ihre Auftritte, geprägt von Witz, Eleganz und musikalischem Können, eroberten schnell die Herzen des Publikums, sowohl in Konzertsälen als auch über Schallplatten und im Rundfunk.
Die Comedian Harmonists entstanden in einer Zeit kultureller Blüte während der Weimarer Republik, als Berlin ein Zentrum für Kunst, Musik und Unterhaltung war. Harry Frommermann, inspiriert von der amerikanischen Vokalgruppe The Revelers, hatte die Idee, eine ähnliche Gruppe in Deutschland zu gründen. Nach einer Anzeige in einer Berliner Zeitung fanden sich die Mitglieder zusammen, und nach intensiven Proben entwickelten sie ihren charakteristischen Klang, der durch enge Harmonien, virtuose Stimmarbeit und oft humorvolle Einlagen bestach. Ihre Arrangements waren technisch anspruchsvoll, da sie ohne technische Hilfsmittel wie Autotune sangen und ihre Stimmen perfekt aufeinander abgestimmt waren. Lieder wie „Veronika, der Lenz ist da“, „Mein kleiner grüner Kaktus“ oder „Das ist die Liebe der Matrosen“ wurden zu Evergreens, die bis heute bekannt sind.
Die Gruppe erlangte schnell nationalen und internationalen Ruhm. Sie traten in ganz Europa auf, füllten große Säle und waren in Filmen wie „Die Drei von der Tankstelle“ zu hören, was ihre Popularität weiter steigerte. Ihre Aufnahmen wurden millionenfach verkauft, und sie galten als Pioniere des modernen A-cappella-Gesangs. Doch ihr Erfolg wurde abrupt unterbrochen durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933. Da drei Mitglieder – Harry Frommermann, Erich Collin und Roman Cycowski – jüdischer Herkunft waren, geriet die Gruppe ins Visier der NS-Kulturpolitik. 1934 wurde ihnen die Auftrittsgenehmigung in Deutschland entzogen, und die Gruppe musste sich trennen. Die jüdischen Mitglieder emigrierten, während die nicht-jüdischen Mitglieder in Deutschland eine Nachfolgegruppe namens Meistersextett gründeten, die jedoch nie an den Erfolg der Comedian Harmonists anknüpfen konnte.
Die emigrierten Mitglieder versuchten, als Comedian Harmonists im Exil weiterzumachen, unter anderem in den USA und Australien, doch die politischen Umstände, Sprachbarrieren und der Verlust der ursprünglichen Dynamik machten eine Fortsetzung schwierig. Nach 1935 löste sich die Gruppe endgültig auf. Die Mitglieder gingen unterschiedliche Wege. Einige setzten ihre musikalische Karriere in kleinerem Rahmen fort, andere zogen sich aus der Öffentlichkeit zurück. Die NS-Zeit und der Zweite Weltkrieg hinterließen tiefe Spuren, und die Tragik der Zerschlagung dieser einzigartigen Gruppe wurde zu einem Symbol für die Zerstörung kultureller Vielfalt durch den Nationalsozialismus.
In den Jahrzehnten nach dem Krieg gerieten die Comedian Harmonists zeitweise in Vergessenheit, doch ab den 1970er-Jahren erlebten sie eine Renaissance. Ihre Musik wurde wiederentdeckt, Schallplatten neu aufgelegt, und ihre Geschichte inspirierte zahlreiche Dokumentationen, Bücher und Theaterstücke. Besonders der Film „Comedian Harmonists“ von Joseph Vilsmaier aus 1997 machte ihre Geschichte einem breiteren Publikum zugänglich und beleuchtete sowohl ihren künstlerischen Erfolg als auch die tragischen Umstände ihres Endes. Ihre Lieder, die eine Mischung aus Nostalgie, Humor und musikalischer Raffinesse bieten, haben bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.
Die Bedeutung der Comedian Harmonists liegt nicht nur in ihrer musikalischen Innovation, sondern auch in ihrem kulturellen Erbe. Sie repräsentieren eine Ära, in der Kunst und Unterhaltung in Deutschland Weltoffenheit und Kreativität ausstrahlten, bevor diese durch politische Repression zerstört wurden. Ihre Fähigkeit, unterschiedliche Musikgenres zu verbinden und dabei ein breites Publikum zu erreichen, macht sie zu einem zeitlosen Vorbild für Vokalensembles. Selbst heute inspirieren sie neue Generationen von Künstlern, und ihre Musik bleibt ein lebendiges Zeugnis einer vergangenen Epoche, die trotz ihrer dunklen Wendungen durch die universelle Sprache der Musik weiterlebt.
