Josef Gierse, my uncle, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons
Allgemeine Nachrichten

Eine neue Folge von Indiana Jones begeistert die Welt

Es klingt wie eine Verschwörung aus einem Hollywoodmachwerk. In diesem Fall einen C-Movie der übelsten Kategorie: Krude Wächter, ein geheimes Netzwerk von Nazisaboteuren auf polnischem Boden, wohlgemerkt auch während der kommunistischen Hungerjahre, finstere Gesellen mit brauner Vergangenheit und unfassbare Geheimnisse, die erst nach den letzten ausgehauchten Worten auf dem Totenbett eines unbekannten Mannes, ihren Weg an die Weltöffentlichkeit fanden. Diese und andere Gespenster beschäftigen seit Wochen die Weltpresse. Immer wieder befeuert durch die Gerüchte, die ins Kraut schießen und den braunen Legenden auch 70 (!) Jahre nach dem Ende des Krieges wieder neuen Diskussionsstoff bieten. Es ist wie eine dämonische Nazi-Soap aus der Provinz Polens, in der ein sagenhaften Schatz hinterlassen wurde. Den die Nazis, wie üblich, irgendwie zusammenraubten. Darum entspinnt sich eine Legende.
Es klingt ein wenig, als wäre dem Produzenten nun das Geld ausgegangen, um den Drehbuchautor weiterzubeschäftigen.
Halten wir fest, die Nazis hatten schon zahllose Gerüchte in die Welt gesetzt, die selbst der ‚Bock von Babelsberg‘ (Dr. Goebbels) und seine schäbige Propagandatruppe nicht besser hätten erfinden können: Neuschschwabenland in der Antarktis, wo allen Ernstes 1946 britische Fallschirmjäger vorstellig wurden, um den angeblich flüchtigen „Gröfaz“ im ewigen Eis zu suchen. Die Aktion wurde zu einem Fiasko, weil man weder das Langstrecken U-Boot, in dem der ehemalige Despot mit seiner Angetrauten angeblich entkam, fand, noch etwas anderes, was auf eine Flucht des Diktators hinwies. Allerdings starben und verletzten sich Angehörige der Fallschirmjägereinheit erheblich, bei dem Versuch Hitler in den verschneiten Gletscherspalten auszumachen. Das Gerücht war entstanden, als die Alliierten dem Mythos nachgingen, der durch eine deutsche Expedition in den späten 1930er-Jahren genährt wurde.
Danach suchte man nach den Wunderwaffen und den Flugscheiben des Nazireiches. Alles blieb eine Vision von einem immer noch Legenden strickenden Propagandaapparat, der längst mit der Kapitulation erloschen war. Die Schätze und technologischen Entwicklungen geisterten nur durch die Fantasie der verstörten Weltöffentlichkeit.

Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer geht in die nächste Runde. Eigentlich dachte jede normale Mensch, dass die Suche nach dem seit 1945 verschwundenen Exponat nach der 12. Runde vorbei gewesen wäre. Dem scheint nicht so. In zahlreichen anderen Ausgrabungsstätten wurde die Heerschar der Sucher nicht fündig. Selbst mit schwerem Gerät. Bagger etc. Jetzt, in einem unterirdischen Komplex der Nazis, mit dem man in unverantwortlicher Weise den Mythos des braunen Nebels noch weiter fördert. Das scheint gewollt.
Fakt ist: An der Legende dieses ominösen Zuges wurde schon seit Jahrzehnten gesponnen. 300 metrische Tonnen Gold, berechnete eine Hobby-Archäologin, diesmal die lebensfrohe Blondine in dem abenteuerlichen Streifen, der die Welt seit Wochen im Atem hält. Diese Tonnage soll seit geschlagenen 70 Jahren in etlichen Metern Tiefe im diffusen Labyrinth des geheimnisvollen „Projektes Riese“ lagern.

Werbewirksame Legende

Jede Woche wächst die Legende weiter. Der Gouverneur, Jacek Chihura, unterstreicht mit bitterseriöser Miene: „Die Sache ist ernst!“, dann sprießen die Gerüchte aus dem Boden wie die Steinpilze aus dem fetten schlesischen Erdreich. Dann wird in den Wirtshäusern, wo die Weltpresse am Nebentisch mit ‚Rhababerohren‘ sitzt, jede Silbe zu interpretieren versucht, über die unglaublichen Schätze der Nazis philosophiert. Außer Munition und andere kleine Militaria wurde aber in der Umgebung nichts Nennenswertes gefunden.
Nun zirkulieren Gerüchte über Wunderwaffen und technische Errungenschaften wie die UFO-Scheiben mit dem Jenseits Motor, Zeitreisemaschinen aus den Laboren der braunen Elite, von interkontinentalen Raketen und den Hinterlassenschaften der SS.
Indiana Jones würde bleich, würde es ihn geben und er an einem der Tische sitzen und den versammelten ‚Spezialisten‘ und flugs angereisten Verschwörungstheoretikern zuhören.

Hat sich jemand gefragt, woher das Gold des Nazinibelungenschatzes stammen könnte, und die Zahl der Opfer erfragt, die dafür Unerträgliches bis zum Tod erleiden mussten? Darauf Geschichten wie eine weitere Saga aus dem Metier des Indiana Jones zu zaubern, ist eine Verhöhnung der Opfer.

Leider sind die unbekannten Finder, angeblich ein Deutscher und ein Pole auch nicht sicher, wie lang der Zug der Nazihinterlassenschaft sein soll, selbst der eigene Anwalt scheint da nicht so firm zu sein. Die Angaben variieren zwischen 90 und 150 Metern Länge. Angeblich wollen sich die beiden Finder, die mit zahlreichen Bildern, die niemand zu deuten versteht, die begeisterte Weltöffentlichkeit beglücken, 10 % des Wertes sichern.

Jeder weiß in diesem Zusammenhang, Nazis schrieben alles auf, so müsste es möglich sein, festzustellen, wie viele Panzerzüge gebaut wurden und was aus ihnen wurde, bis nach der Kapitulation. Und danach.

Noch ist keiner der daran Beteiligten auf die Idee gekommen, das Gewicht dieses Zuges zu berechnen. Eine Milchmädchenrechnung wie es scheint: Panzerung und 300 metrische Tonnen Gold, abgesehen von dem Volumen, hätten den Zug im Boden versinken lassen, samt den Schienen, von der Bewaffnung ganz zu schweigen. Zudem hätte es keine Lok der damaligen Zeit geschafft, die beschriebene Fracht samt Bernsteinzimmer in die finsteren Stollen der Anlage „Riese“ zu manövrieren. Unter Kriegsbedingungen schon überhaupt nicht.
Selbst die Hasen werden durch die, wie Untergrundkämpfer agierenden, Schatzsucher verscheucht. Hier und da liegen ein paar poröse Betonteile, die schon Moos angesetzt haben, dort wird über einer Karte gebrütet, während einer der Kollegen Schmiere steht, um zu sehen, ob die Polizei bei ihren Streifengängen über dem gedachten Schnittpunkt der unterirdischen Tunnel nicht auf die nächste Schatzjägereinheit trifft. Ungemach droht von der lokalen Staatsanwaltschaft der Woiwodschaft, auch die angeblichen Finder, die Phantomen entsprechen und sich nach außen nur durch besagten Anwalt vertreten lassen, wurden mittlerweile abschreckend durch eine bekannte Abgeordnete des Parlamentes angezeigt. Vorwurf: Wilde Schatzsuche.

Da ist die Rede von unheimlichen Sprengfallen, die auch 70 Jahre nach der Flucht von Hitlers Schergen den Komplex schützen sollen, von Giftgas und geheimen Waffen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem Komplex geschaffen wurden. Seltsame Mordanschläge, die über Jahrzehnte begangen wurden. Hier und da eine Leiche, noch eine Geschichte, die am Stammtisch in einer der Ortschaften feilgeboten wird.
Wer bitte soll diese Geschichte glauben? Die Maulwürfe, die wie Geier nun mit Schippe und Bodensonar durch die Pilz bewachsenen Wälder des sonst strukturarmen Gebietes in Polen geistern und an den Spuk glauben? Dort könnten sie auf erheblichen Widerstand stoßen, da auch sie jederzeit ein Strafverfahren ereilen könnte, das hält aber die Kaste der Goldsammler nicht von unstrukturierten Grabungen ab.
Wenn es tatsächlich 3 Krümel Gold sind, die dort irgendwo vergraben sind, sollten diese, sofern man nicht mehr feststellen kann, woher das Gold kommt, an einen Fonds für die noch lebenden Opfer des Nazi Regime übergeben werden. Das Gezerre ist unwürdig, weil auf dem Rücken der, wie kess behaupteten, von der Hobby-Gräberin und Museumsführerin erklärten, 10.000 toten Zwangsarbeitern geschieht und mit rationalen Überlegungen nur insoweit etwas zu tun haben kann, dass die polnische Armee Pioniere entsenden will, die die Lebens-sichernde Vorhut der Schatzjäger sein soll. Im Frühjahr soll dies geschehen, wie man aus Schlesien vernimmt.
Was für den Fremdenverkehr wirklich gut zu sein scheint, erweist sich als eine Geschichte, die Hollywood nicht besser hätte erspinnen können.

Die Frage bleibt, wann fangen die Dreharbeiten an?
Es scheint doch ein weiteres Abenteuer von Jones zu sein.

bofrost DE

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