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Der Vermisstenfall Tanja Mühlinghaus

Titelbild :Tanja Mühlinghaus, 1998, Polizei Wuppertal

Der Fall Tanja Mühlinghaus zählt zu den rätselhaftesten und langanhaltendsten Vermisstenfällen der deutschen Kriminalgeschichte, ein Drama, das vor nunmehr über einem Vierteljahrhundert begann und bis heute in den Herzen ihrer Familie, der Ermittler und der Öffentlichkeit nachhallt.

Tanja, geboren am 11. März 1983 in Wuppertal, wuchs in einem unbeschwerten Umfeld auf, das von den grünen Hügeln und dem industriellen Flair ihrer Heimatstadt geprägt war. Als 15-jährige Gymnasiastin am Carl-Duisberg-Gymnasium in Oberbarmen galt sie als ehrgeizig und talentiert, eine junge Frau mit großen Träumen, die von einer Karriere als Musical-Darstellerin oder Tänzerin fasste, getrieben von einer Leidenschaft für die darstellenden Künste, die sie in ihren Freizeitaktivitäten auslebte.

Um ihr Taschengeld aufzubessern, übernahm sie regelmäßig Babysitting-Jobs, was ihre Zuverlässigkeit und ihr verantwortungsbewusstes Wesen unterstrich – Eigenschaften, die im Kontrast zu dem standen, was sich an jenem verhängnisvollen Herbsttag ereignen sollte. Tanja war zierlich, mit langen Haaren und großen, ausdrucksstarken Augen, eine hübsche Teenagerin, die in ihrer Umgebung nicht nur für ihre Schönheit, sondern auch für ihre Lebendigkeit auffiel.

Der 21. Oktober 1998 begann wie so viele andere Tage in dem Reihenhaus der Familie Mühlinghaus in der Straße Im Hölken in Wuppertal-Oberbarmen. Es war ein kühler Herbstmorgen, die Blätter der Bäume entlang der Wupper begannen sich zu verfärben, und die Routine des Alltags schien ungestört. Tanja hatte in den ersten Stunden ihrer Schultage freie Stunden, was ihr erlaubte, etwas später aufzubrechen. Gegen 7 Uhr verließ sie das Haus mit ihren Schulsachen – einem Rucksack, der Bücher für eine bevorstehende Lateinarbeit enthielt –, in der Absicht, den Bus in die nahegelegene Schule zu nehmen.

Kurz zuvor hatte sie noch von zu Hause aus ihre Mutter Elisabeth im Büro angerufen, eine alltägliche Geste, in der sie bat, sie am Mittag von der Schule abzuholen. Diese Anfrage, so harmlos sie klang, sollte sich als letzter hörbarer Kontakt erweisen, ein letzter Faden, der die Familie mit der Tochter verband, bevor die Stille einsetzte. Tanja stieg in den Bus ein, oder zumindest nahm man das an, doch an der Schule angekommen – oder vielmehr, als sie dort nicht eintraf – begann das Unbehagen, das sich rasch zu Panik steigerte.

Kein Mitschüler hatte sie gesehen, kein Lehrer konnte sich an ihren Anblick erinnern, und auch in den Straßen der Stadt, die sie hätte durchqueren müssen, gab es keine Zeugen, die das Mädchen mit den langen Haaren und dem typischen Schülerrucksack beschreiben konnten. Die Polizei wurde alarmiert, Suchtrupps durchkämmten die umliegenden Parks und den Flusslauf der Wupper, Flugblätter mit Tanjas Foto – ein unschuldiges, lachendes Porträt – wurden verteilt, und die Medien nahmen den Fall schnell auf, doch die Spur verlief sich im Nichts.Was den Fall von vornherein von anderen Vermisstenfällen abhob und ihn zu einem Mysterium machte, waren die zwei Briefe, die kurz nach ihrem Verschwinden eintrafen und die Familie in einen Strudel aus Hoffnung und Zweifel stürzten. Bereits am 22. Oktober, nur einen Tag nach ihrem Verschwinden, fiel ein Umschlag ins Haus, abgestempelt vom Briefzentrum Düsseldorf, mit einer Handschrift, die Tanjas eigene war – ein Gutachten des Landeskriminalamts bestätigte dies später eindeutig.

Darin stand, in kindlicher, aber entschlossener Schrift: „Liebe Mama, Papa, ich bin weggelaufen. Sucht nicht nach mir. Mir geht es gut, ich komme in ein bis zwei Wochen wieder zurück. Eure Tanja.“ Der Ton war beruhigend, fast versöhnlich, als wollte das Mädchen eine vorübergehende Rebellion erklären, doch die Worte wirkten auf die Eltern wie ein Stachel, der die Sorge nur vertiefte. War das wirklich die freie Entscheidung einer rebellischen 15-Jährigen, oder lauerte dahinter etwas Bedrohlicheres?

Der zweite Brief, der am 26. Oktober eintraf und auf den 24. Oktober datiert war, verstärkte diese Ungewissheit. Wieder von Tanja verfasst, hieß es darin: „Es geht mir gut, macht euch keine Sorgen. Es hat keinen Sinn, nach mir zu suchen. Ich bin bald wieder da.“ Die Eltern, geplagt von Konflikten in der Familie – es gab Berichte über Spannungen zwischen Tanja und ihren Eltern, darunter Meinungsverschiedenheiten über Regeln und Freiheiten, die typisch für die Pubertät sind, aber auch tiefergehende Probleme andeuten –, wollten zunächst glauben, dass ihre Tochter einfach ausgerissen war, eine jugendliche Flucht vor dem Druck des Zuhauses. Sie respektierten die Bitte in den Briefen, hielten die Polizei sogar kurz zurück, doch als die Wochen verstrichen und keine Rückkehr erfolgte, brach die Verzweiflung herein. Die Briefe, die zunächst Trost spenden sollten, wurden zum Kern des Rätsels.

Wurden sie unter Zwang diktiert? Hatte Tanja sie in Panik geschrieben, bevor etwas Schlimmes geschah? Oder war sie tatsächlich freiwillig gegangen und hatte ihre Worte später bereut?Die Polizei in Wuppertal, unter der Leitung von Ermittlern wie Alexander Kresta, die den Fall bis heute betreuen, ging zunächst von einem Ausreißen aus, gestützt auf die Briefe und die bekannten familiären Reibereien.

Tanja hatte in den Monaten zuvor von Unabhängigkeit gesprochen, von dem Wunsch, auszuziehen, und es gab Andeutungen auf ein angespanntes Verhältnis zum Vater, das Spekulationen über Missbrauch oder emotionale Belastungen nährte, auch wenn diese nie bewiesen wurden. Hunderte Hinweise strömten ein, von Sichtungen in Nachbarstädten wie Köln oder Düsseldorf bis hin zu vagen Berichten aus dem Rotlichtmilieu, das in der Region bekannt war. Ein Mann namens Daniel S. meldete sich 2011 bei der Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“ und behauptete, Tanja 1999 in Frankfurt kennengelernt und eine Beziehung mit ihr gehabt zu haben – eine Geschichte, die Hoffnung weckte, sich aber als falsch herausstellte, ein weiterer Schlag für die Familie. Ein anderer Zeuge, Patrick O., sprach von einer Begegnung mit Tanja in einer Drückerkolonne, wo sie angeblich gearbeitet haben soll, doch auch das führte in eine Sackgasse. Die Ermittler durchforsteten Buslinien, überprüften Kameras – die 1998 noch rar waren – und analysierten die Briefumschläge auf Spuren, doch nichts ergab sich. Der Fall wurde zu einem Cold Case, der in Podcasts, Dokumentationen und Zeitungsartikeln immer wieder beleuchtet wurde, von der „Bild“ bis zum WDR, und der die Öffentlichkeit fesselte, weil er so alltäglich begann und so unfassbar endete.Für Elisabeth Mühlinghaus, Tanjas Mutter, die nach der Trennung von ihrem Mann den Mädchennamen Kronauer annahm, wurde das Verschwinden zur existentiellen Wunde, die sie nie heilen ließ.

Sie lernte, mit der Ungewissheit zu leben, hängte Tanjas Möbelstücke – den Kleiderschrank, das Bett, einen Setzkasten – als Reliquien in ihr Zuhause, und stand oft auf dem Balkon, den Blick über die Wupper schweifend, in der stummen Hoffnung auf ein Zeichen. „Sie soll frei entscheiden, ob und wann sie wiederkommt“, sagte sie in Interviews, eine Haltung der Resignation und des Respekts, die ihre Qual nur unterstreicht. Der Vater, der den Großteil von Tanjas Zimmer übernahm, kämpfte ähnlich mit der Leere, und die Familie zerbrach endgültig unter dem Gewicht des Verlusts.

Vergleiche zu anderen Fällen wie dem von Natascha Kampusch oder Frauke Liebs drängten sich auf – Mädchen in ähnlichem Alter, die Kontakt aufnahmen, bevor sie spurlos verschwanden –, doch Parallelen blieben spekulativ. War Tanja einem Unbekannten in die Falle gegangen, vielleicht einem älteren Mann, der ihre Träume ausnutzte? Hatte sie sich in ein gefährliches Milieu verirrt? Oder lebte sie irgendwo anonym weiter, unfähig, zurückzukehren? Die Polizei hält alle Optionen offen: Freiwilliges Verschwinden, Entführung, ein Verbrechen, das im Verborgenen verübt wurde.Heute, im Dezember 2025, ist Tanja Mühlinghaus 42 Jahre alt, eine Frau, deren Leben seit jenem Morgen im Oktober 1998 ein Phantom ist. Der Fall bleibt ungelöst, ein Mahnmal für die Zerbrechlichkeit des Alltags und die Tiefen der menschlichen Verzweiflung. Die Wuppertaler Kriminalpolizei ruft weiterhin zu Hinweisen auf, unter der Nummer +492022840, in der vagen Hoffnung, dass ein Detail, ein vergessenes Gesicht, den Knoten löst. Für die Familie ist jede Stunde eine Ewigkeit der Frage: Wo ist Tanja?

Und was hat sie in jenen Briefen wirklich sagen wollen? Das Rätsel Tanja Mühlinghaus, geboren aus einem normalen Schultag, webt sich weiter durch die Jahre, ein unendliches Fließen von Schmerz, Spekulation und ungestilltem Sehnen.

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