Lovells militärische Laufbahn als Testpilot war geprägt von Mut und technischem Können. Nach seinem Abschluss an der Naval Academy diente er als Marineflieger und absolvierte Einsätze auf Flugzeugträgern, bevor er an die Naval Air Test Center in Patuxent River, Maryland, versetzt wurde, wo er als Testpilot für neue Flugzeugsysteme arbeitete. Diese Erfahrung machte ihn zu einem idealen Kandidaten für das aufstrebende Raumfahrtprogramm der NASA. 1962 wurde er in die zweite Gruppe von Astronauten aufgenommen, die als „New Nine“ bekannt wurde, eine Elitegruppe, die die Zukunft der amerikanischen Raumfahrt mitgestaltete. Seine erste Mission war Gemini 7 im Dezember 1965, bei der er zusammen mit Frank Borman 14 Tage im All verbrachte – ein Rekord für die damalige Zeit.
Seine zweite Mission, Gemini 12, im November 1966, festigte seinen Ruf als hochkompetenter Astronaut. Zusammen mit Buzz Aldrin führte Lovell mehrere Außenbordeinsätze durch, die die Techniken für Arbeiten im Weltraum verfeinerten, ein entscheidender Schritt für die bevorstehenden Mondmissionen. Lovells Fähigkeit, unter Druck ruhig zu bleiben und komplexe Manöver durchzuführen, machte ihn zu einem der erfahrensten Astronauten der NASA, als das Apollo-Programm an Fahrt aufnahm. Seine erste Apollo-Mission war Apollo 8 im Dezember 1968, die erste bemannte Mission, die den Mond umkreiste. An Bord mit Frank Borman und William Anders war Lovell Teil eines historischen Moments, als die Menschheit zum ersten Mal den Erdtrabanten aus nächster Nähe sah. Die Mission war ein waghalsiges Unterfangen, da die Saturn-V-Rakete noch relativ unerprobt war, doch Lovells navigatorische Fähigkeiten trugen maßgeblich zum Erfolg bei.
Der Höhepunkt und zugleich dramatischste Moment in Lovells Karriere war die Apollo-13-Mission im April 1970, bei der er als Kommandant fungierte. Zusammen mit Jack Swigert und Fred Haise sollte die Mission die dritte Mondlandung der NASA werden. Doch etwa 56 Stunden nach dem Start explodierte ein Sauerstofftank im Servicemodul der Raumkapsel, was die Mission in eine lebensbedrohliche Krise verwandelte. Lovell bewies in dieser Situation außergewöhnliche Führungsstärke und Gelassenheit. Die Besatzung stand vor der Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen und beschädigter Technik sicher zur Erde zurückzukehren. Lovell arbeitete eng mit dem Bodenpersonal in Houston zusammen, um improvisierte Lösungen zu entwickeln, wie etwa die Nutzung des Mondmoduls als „Rettungsboot“ und die Anpassung der CO₂-Filter, um die Besatzung am Leben zu halten. Seine präzisen Berechnungen und Manöver, darunter eine manuelle Kurskorrektur ohne funktionsfähiges Navigationssystem, waren entscheidend dafür, dass die Besatzung sicher zur Erde zurückkehrte.
Nach Apollo 13 zog sich Lovell 1973 aus der NASA und der Marine zurück, nachdem er insgesamt vier Weltraummissionen absolviert und über 715 Stunden im All verbracht hatte. Seine Karriere war jedoch nicht zu Ende. Er wechselte in die Privatwirtschaft und arbeitete in verschiedenen Führungspositionen, unter anderem als Präsident der Bay-Houston Towing Company und später bei der Fischbach Corporation. Neben seiner beruflichen Tätigkeit blieb Lovell ein gefragter Redner und Autor. Zusammen mit Jeffrey Kluger veröffentlichte er das Buch Lost Moon. „The Perilous Voyage of Apollo 13“, das die Grundlage für den gleichnamigen Film bildete.
Im Laufe seines Lebens erhielt Lovell zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Presidential Medal of Freedom, die Congressional Space Medal of Honor und die NASA Distinguished Service Medal. Seine Beiträge zur Raumfahrt haben nicht nur die wissenschaftliche Gemeinschaft beeinflusst, sondern auch die öffentliche Vorstellungskraft beflügelt. Lovell bleibt eine Symbolfigur für Mut, Teamarbeit und die Fähigkeit, in Krisensituationen kluge Lösungen zu finden. Auch im hohen Alter blieb er aktiv, indem er Vorträge hielt und die Bedeutung der Raumfahrt für zukünftige Generationen betonte. Seine Liebe zur Erforschung des Unbekannten und sein Engagement für die Wissenschaft haben ihn zu einer inspirierenden Persönlichkeit gemacht, die weit über die Grenzen der NASA hinaus Anerkennung findet.
