Titelbild: Byron Black, Tennesee Department of Corrections
Die geplante Hinrichtung von Byron Black in Tennessee heute hat eine intensive Debatte über ethische, rechtliche und medizinische Fragen im Zusammenhang mit der Todesstrafe ausgelöst. Black, der 1989 wegen der brutalen Ermordung seiner damaligen Freundin Angela Clay und ihrer beiden Töchter, Latoya (9) und Lakeisha (6), im Jahr 1988 verurteilt wurde, steht im Zentrum eines komplexen juristischen und moralischen Konflikts. Die Umstände seines Falls, insbesondere seine geistige Behinderung, seine gesundheitlichen Probleme und ein implantierter Herzdefibrillator, werfen Fragen auf, die sowohl die Verfassungsmäßigkeit der Todesstrafe als auch die Menschlichkeit ihrer Durchführung betreffen.
Byron Black, der mittlerweile 69 Jahre alt ist, wurde 1988 für die Morde an Angela Clay und ihren Töchtern in Nashville verurteilt. Die Tat war zweifellos grausam: Angela Clay, eine 29-jährige alleinerziehende Mutter, und ihre beiden jungen Töchter wurden am 28. März 1988 tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Black, der zu diesem Zeitpunkt auf Wochenendfreigang aus einer Haftanstalt war, wo er eine zweijährige Strafe für eine frühere Auseinandersetzung mit Clays entfremdetem Ehemann verbüßte, wurde als Täter identifiziert. Laut Gerichtsakten hatte Black eine turbulente Beziehung zu Angela Clay, die kurz davor stand, sich mit ihrem Ehemann zu versöhnen. Black soll gedroht haben, drastische Maßnahmen zu ergreifen, falls sie dies tue. Die Anklage warf ihm vor, die drei Opfer während seines Freigangs erschossen zu haben.
Ein zentraler Punkt der aktuellen Kontroverse ist Blacks implantierter Kardioverter-Defibrillator (ICD), ein Gerät, das 2024 eingesetzt wurde, um seinen Herzrhythmus zu stabilisieren, da er an schwerer Herzinsuffizienz leidet. Seine Anwälte argumentieren, dass die tödliche Injektion, die mit dem Barbiturat Pentobarbital durchgeführt werden soll, das Gerät dazu veranlassen könnte, wiederholt elektrische Schocks abzugeben, um Blacks Herzrhythmus wiederherzustellen. Dies könnte zu einem verlängerten und qualvollen Tod führen, was nach Ansicht der Verteidigung einen Verstoß gegen den achten Verfassungszusatz darstellt, der grausame und ungewöhnliche Strafen verbietet. Die Anwälte forderten daher, dass der ICD vor der Hinrichtung deaktiviert wird, um unnötiges Leiden zu vermeiden. Diese Forderung führte zu einem intensiven Rechtsstreit, der bis vor den Obersten Gerichtshof von Tennessee ging. Ein unteres Gericht hatte zunächst entschieden, dass das Gerät deaktiviert werden müsse, doch der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidung auf und erklärte, dass eine solche Anordnung gleichbedeutend mit einem Hinrichtungsaufschub sei, was außerhalb der Befugnisse des unteren Gerichts liege. Somit wurde beschlossen, dass die Hinrichtung ohne Deaktivierung des ICD durchgeführt werden kann, was laut Experten ein Präzedenzfall sein könnte, da es weltweit keinen bekannten Fall gibt, in dem ein Häftling mit einem aktiven Defibrillator hingerichtet wurde.
Neben der Frage des Defibrillators steht Blacks geistige Behinderung im Fokus der Debatte. Seine Anwälte, angeführt von Kelley Henry, einer erfahrenen Pflichtverteidigerin, argumentieren, dass Black aufgrund seiner intellektuellen Einschränkungen nicht hingerichtet werden darf. Mehrere IQ-Tests ergaben Werte unter 70, was ein klarer Indikator für eine geistige Behinderung ist. Zudem wird in Gerichtsunterlagen beschrieben, dass Black bereits in jungen Jahren Schwierigkeiten hatte, etwa in der zweiten Klasse zurückgestuft wurde und einfache Regeln, wie bei Spielen wie „Rotes Licht, grünes Licht“, nicht verstehen konnte. Sowohl der Oberste Gerichtshof der USA als auch Tennessee haben festgelegt, dass die Hinrichtung von Menschen mit geistiger Behinderung verfassungswidrig ist. Dennoch wurde Blacks Antrag auf eine erneute Überprüfung seiner geistigen Kompetenz 2025 vom Obersten Gerichtshof von Tennessee abgelehnt. Dies liegt an einer rechtlichen Zwickmühle: Nach einer Gesetzesänderung in Tennessee im Jahr 2021 wurde die Definition von geistiger Behinderung aktualisiert, und selbst die Staatsanwaltschaft räumte ein, dass Black unter den neuen Standards als geistig behindert gelten würde. Doch weil Black bereits früher, unter veralteten Standards, Anträge auf Anerkennung seiner Behinderung gestellt hatte, wurde ihm die Möglichkeit verweigert, von der neuen Gesetzgebung zu profitieren. Diese Situation wird von seinen Anwälten als „verfassungsrechtlicher Catch-22“ beschrieben, da Black für seine frühere Sorgfalt beim Verfolgen seiner Ansprüche bestraft wird.
Darüber hinaus wird Black als gebrechlicher, rollstuhlgebundener Mann beschrieben, der an Demenz und anderen schweren gesundheitlichen Problemen leidet. Seine Anwälte und Unterstützer, darunter auch Organisationen wie die Tennessee Conservatives Concerned About the Death Penalty, argumentieren, dass die Hinrichtung eines solchen Mannes keinen legitimen strafrechtlichen Zweck erfülle und lediglich eine „groteske und sinnlose Ausübung staatlicher Macht“ sei. Sie appellierten an Gouverneur Bill Lee, Black Begnadigung oder zumindest einen Aufschub zu gewähren, um entweder den ICD deaktivieren zu lassen oder die Frage der geistigen Behinderung weiter zu prüfen. Lee lehnte jedoch am Tag vor der geplanten Hinrichtung jegliches Eingreifen ab.
Die Familie von Angela Clay sieht die Situation anders. Clays Schwester, Linette Bell, äußerte in einem Interview mit The Tennessean, dass sie nicht glaubt, dass Black geistig behindert sei, und drängte auf die Vollstreckung der Strafe, da die Familie nach Jahrzehnten des Wartens Gerechtigkeit fordert. Diese Spannung zwischen dem Wunsch der Opferfamilie nach Abschluss und den rechtlichen sowie ethischen Einwänden der Verteidigung verdeutlicht die Komplexität des Falls.
Die Hinrichtung von Byron Black wirft grundlegende Fragen auf.
Ist es gerecht, einen Menschen mit anerkannter geistiger Behinderung hinzurichten, nur weil bürokratische Hürden seine rechtliche Anerkennung verhindern? Kann eine Hinrichtung als human angesehen werden, wenn sie potenziell durch einen aktiven Defibrillator verlängert und qualvoll wird?
Der Fall hat Proteste ausgelöst, darunter eine Demonstration in Nashville am 3. August 2025, und wird von vielen als Beispiel für die moralischen und rechtlichen Schwächen der Todesstrafe gesehen. Während Tennessee sich darauf vorbereitet, Black als zweiten Häftling im Jahr 2025 hinzurichten, bleibt die Kontroverse ein Mahnmal für die Herausforderungen, die mit der Anwendung der Todesstrafe in einer modernen Gesellschaft verbunden sind.
