Titelbild, kasaan media, 2025
Das Bild „Als wir Kinder waren“, aufgenommen 1958 in der DDR, zeigt eine typische Szene aus der damaligen Zeit. Die Kinder spielen fröhlich auf einer Wiese, eines mit einem roten Ball, während ein weiteres im Kinderwagen ruht. Die Kleidung – ein Kleidchen und eine karierte Bluse mit Shorts – sowie der alte Kinderwagen spiegeln den Alltag in der DDR wider, wo einfache, funktionale Kleidung und Spielzeug üblich waren. Die ländliche Umgebung mit Baum und Hügeln könnte auf ein Dorf oder eine Kleinstadt hindeuten, was für die DDR typisch war. Die verblassten Farben des Fotos verstärken den nostalgischen Blick auf diese Kindheitsepoche.
Die DDR war 1958 ein etablierter sozialistischer Staat unter der Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), stark beeinflusst von der Sowjetunion, und befand sich in einer Phase der Konsolidierung ihrer sozialistischen Strukturen.
Politische Konsolidierung und Verwaltungsreform
1958 markierte einen wichtigen Punkt in der administrativen Umstrukturierung der DDR. Die Länder, die bis 1952 als mittlere Verwaltungsebene fungierten, wurden durch die Verwaltungsreform von 1952 funktional durch 14 Bezirke ersetzt, und 1958 wurden sie auch formell abgeschafft. Diese Reform basierte auf dem Prinzip des „demokratischen Zentralismus“, einem leninistischen Konzept, das die zentrale Kontrolle der SED über alle staatlichen und gesellschaftlichen Bereiche verstärkte. Die Bezirke ermöglichten eine stärkere Kontrolle der Zentralregierung über lokale Verwaltungen und die Umsetzung der Planwirtschaft.
Die DDR beanspruchte Ost-Berlin als Hauptstadt, was einen Verstoß gegen die Vereinbarungen der Jalta-Konferenz von 1945 darstellte, die Berlin als Viersektorenstadt unter alliierter Kontrolle definierte. Trotz westlicher Proteste wurde die schrittweise Integration Ost-Berlins in die DDR von den Westmächten de facto toleriert.
1958 nutzte die DDR-Führung Ereignisse wie die Notlandung eines amerikanischen Armee-Hubschraubers im Juni, um diplomatische Kontakte zu westlichen Staaten zu forcieren und ihre internationale Anerkennung zu stärken. Diese Bemühungen stießen jedoch auf Widerstand durch die Hallstein-Doktrin der Bundesrepublik Deutschland, die Staaten mit dem Abbruch diplomatischer Beziehungen drohte, falls sie die DDR anerkannten.
Am 27. November 1958 stellte der sowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow ein Ultimatum, das die Revision des Potsdamer Abkommens forderte. Er drohte, die Kontrollrechte der Sowjetunion über Berlin an die DDR zu übertragen, was die Spannungen im Kalten Krieg verschärfte und die Berlin-Krise einleitete. Dieses Ereignis hatte weitreichende Auswirkungen auf die DDR, da es ihre Rolle als sowjetischer Vorposten im Konflikt mit dem Westen unterstrich.
Walter Ulbricht, der Erste Sekretär der SED, verkündete 1958 die „Zehn Gebote der sozialistischen Moral und Ethik“, die in Anlehnung an die biblischen Zehn Gebote die ideologischen Grundsätze des DDR-Sozialismus definieren sollten. Diese Gebote zielten darauf ab, die Bürger auf die Prinzipien des Marxismus-Leninismus und die antifaschistische Doktrin der DDR einzuschwören. Sie waren Teil eines breiteren Staatskults, der durch Paraden und Feierlichkeiten wie den Tag der Befreiung und den Tag der Republik verstärkt wurde.
Am 15. März 1958 wurde das Militärgeschichtliche Institut der DDR gegründet, das die Geschichte aus einer sozialistischen Perspektive erforschen und darstellen sollte. Dies unterstrich die Bedeutung der ideologischen Geschichtsschreibung in der DDR, insbesondere im Hinblick auf die antifaschistische Legitimation des Staates.
1958 wurden in der DDR die Lebensmittelkarten endgültig abgeschafft, was ein Zeichen für die wirtschaftliche Stabilisierung nach den Nachkriegsjahren war. Dies war ein bedeutender Schritt, da die Lebensmittelkarten seit 1945 die Versorgung rationiert hatten. Die Abschaffung spiegelte die Fortschritte in der Planwirtschaft wider, die seit 1950 von der Staatlichen Plankommission gesteuert wurde.
Die DDR setzte 1958 die forcierte Kollektivierung der Landwirtschaft fort, die auf Druck der Sowjetunion wieder intensiviert wurde. Die SED entsandte Agitationstruppen, um Bauern durch Überzeugung oder Druck zum Eintritt in Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) zu bewegen. Widerstrebende Landwirte wurden häufig vom Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) verhaftet. Diese Maßnahmen führten zu Spannungen auf dem Land und verstärkten die sogenannte „Republikflucht“, da viele Bauern in den Westen flohen.
Das Finanzsystem der DDR war 1958 stark zentralisiert. Die Deutsche Notenbank war für das kurzfristige Kreditgeschäft und den Zahlungsverkehr zuständig, während die Deutsche Investitionsbank langfristige Kredite für die staatliche Wirtschaft vergab. Die Deutsche Bauernbank unterstützte die Landwirtschaft, und lokale Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken deckten den kleineren Geldbedarf. Das Berliner Stadtkontor spielte eine Sonderrolle als zentrales Bankinstitut für Ost-Berlin. Diese Struktur spiegelte die planwirtschaftlichen Prinzipien wider, die private Unternehmer benachteiligten.
Das Jahr 1958 war geprägt von einem ausgeprägten Staatskult, der durch zahlreiche Feierlichkeiten und Paraden unterstrichen wurde. Besonders der Tag der Arbeit und das Gründungsjubiläum der DDR (7. Oktober) waren Höhepunkte im Kalender. Es gab auch spezifische Gedenktage für Berufsgruppen wie Lehrer, Bauarbeiter und Bergmänner, die die sozialistische Arbeitsmoral glorifizieren sollten. Der antifaschistische Charakter der DDR wurde durch Feiern wie den Tag der Befreiung und den Tag des Sieges betont, oft begleitet von militärischen Paraden.
Die DDR legitimierte sich stark über ihre antifaschistische Haltung. 1958 wurde das Buchenwald-Museum am Standort des ehemaligen Konzentrationslagers eröffnet, das die Erinnerung an den antifaschistischen Widerstand bewahren sollte. Der Buchenwald-Eid von 1945, in dem Häftlinge schworen, für Frieden und Freiheit zu kämpfen, wurde zu einem zentralen Element der DDR-Propaganda.
Kulturell war 1958 ein aktives Jahr. In Berlin berichtete der Arbeiterveteran Paul Schwenk vor Mitgliedern der Deutschen Akademie der Künste über die Novemberrevolution von 1918, um Künstler für eine Kunstmappe zu inspirieren. Die Ausstellung von Werken der Künstler Lea und Hans Grundig im „Pavillon der Kunst“ in Berlin zog Aufmerksamkeit auf sich. Außerdem wurde der Termin für die Internationale Buchkunstausstellung in Leipzig auf 1959 verschoben, was die kulturelle Bedeutung Leipzigs unterstrich.
Im Juli 1958 reiste eine Delegation von DDR-Turnerinnen und -Turnern zu den Turnweltmeisterschaften in Moskau, was die internationale Präsenz der DDR im Sport betonte. Solche Veranstaltungen dienten auch der Propaganda, um die Errungenschaften des sozialistischen Systems zu präsentieren.
Die DDR war 1958 stark von der Sowjetunion abhängig, sowohl politisch als auch wirtschaftlich.
Am 24. Juni 1958 wurde ein Protokoll unterzeichnet, das die Ausgaben der DDR für die stationierten sowjetischen Streitkräfte reduzierte, was die finanzielle Last für die DDR etwas erleichterte. Der „Beistandspakt“ von 1955 zwischen der DDR und der Sowjetunion blieb ein zentraler Pfeiler der bilateralen Beziehungen.
Die DDR war fest in den Ostblock eingebunden, und ihre Außenpolitik folgte den Prinzipien des sozialistischen Internationalismus. Sie pflegte enge Beziehungen zur Sowjetunion und anderen sozialistischen Staaten, während sie gleichzeitig versuchte, ihre Position auf der internationalen Bühne zu stärken. Die Unterstützung der „Bestrebungen der Völker nach Freiheit und Unabhängigkeit“ war Teil der offiziellen DDR-Rhetorik, wie in der Verfassung von 1968 festgelegt, die 1958 bereits in ihren Grundzügen vorbereitet wurde.
Die zunehmende Repression, insbesondere in der Landwirtschaft, führte 1958 zu einer verstärkten „Republikflucht“. Viele Bürger, vor allem Bauern, flohen in die Bundesrepublik Deutschland, da die Kollektivierung und die Kontrolle durch die Stasi den Lebensraum einschränkten. Dies war ein Vorläufer der Ereignisse, die 1961 zur Errichtung der Berliner Mauer führten.
Die Stasi spielte 1958 eine zentrale Rolle in der Überwachung der Bevölkerung. Der Freidenkerverband, der 1988 offiziell gegründet wurde, hatte seine Wurzeln in den Bemühungen der SED, säkulare Alternativen zu kirchlichen Angeboten zu schaffen, die bereits 1958 ideologisch vorbereitet wurden. Die Kontrolle der Gesellschaft durch die Stasi war allgegenwärtig und verstärkte den autoritären Charakter des Regimes.
1958 wurden in der DDR Aluminiummünzen mit dem Staatswappen geprägt, wie die 50-Pfennig-Münze (Jägernr. 1512), die für Sammler von Bedeutung war. Diese Münzen symbolisierten die wirtschaftliche und staatliche Identität der DDR. Ebenso waren Briefmarken ein wichtiges Medium der Propaganda, und der Briefmarkenkatalog von 1958 zeigt die kulturelle und politische Selbstdarstellung der DDR.
Das DDR-Fernsehen, das 1952 mit Versuchssendungen begann, war 1958 bereits ein etabliertes Medium der Propaganda. Sendungen wie „Der schwarze Kanal“, die ab 1960 ausgestrahlt wurden, hatten ihre Wurzeln in der ideologischen Arbeit der späten 1950er Jahre, die 1958 weiterentwickelt wurde.
Das Jahr 1958 war für die DDR ein Jahr der Konsolidierung ihrer sozialistischen Strukturen, sowohl politisch als auch wirtschaftlich und gesellschaftlich. Die Verwaltungsreform, die forcierte Kollektivierung, die antifaschistische Propaganda und die Abhängigkeit von der Sowjetunion prägten den Alltag und die Politik. Gleichzeitig wuchsen die Spannungen durch die Republikflucht und die Berlin-Krise, die die Grundlage für die Ereignisse der frühen 1960er Jahre, insbesondere den Bau der Berliner Mauer, legten. Kulturell und gesellschaftlich setzte die DDR auf starke ideologische Kontrolle, während sie international um Anerkennung kämpfte.
