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Flora und Fauna

Paviane in Nürnberg exekutiert

Titelbild:Jacub Friedl, Lizenz 2.0

Der Tiergarten Nürnberg steht seit Monaten im Zentrum einer hitzigen Kontroverse, die sich um die geplante Tötung von Guinea-Pavianen drehte. Heute eskalierte die Situation, als Tierschutzaktivisten das Gelände des Zoos stürmten, um die befürchtete Erschießung von bis zu 20 Pavianen zu verhindern. Der Tiergarten hatte zuvor angekündigt, die Population der Guinea-Paviane, die auf über 40 Tiere angewachsen war, drastisch zu reduzieren, da das Gehege nur für etwa 25 Tiere ausgelegt ist.

Diese Überbelegung führte zu erheblichen Spannungen innerhalb der Gruppe, die sich in Konflikten und Verletzungen unter den Tieren äußerten. Trotz der Proteste bestätigte der Tiergarten am Nachmittag , dass 12 Paviane getötet wurden, da andere Lösungen wie die Vermittlung an andere Zoos oder Auffangstationen erfolglos geblieben waren.

Die Problematik begann sich bereits vor Jahren abzuzeichnen. Der Tiergarten Nürnberg hält seit über 80 Jahren Guinea-Paviane, eine potenziell gefährdete Art, die im Rahmen eines europäischen Erhaltungszuchtprogramms gezüchtet wird. Ziel ist es, eine Population in menschlicher Obhut zu erhalten, die langfristig für mögliche Auswilderungen genutzt werden könnte. Doch die unkontrollierte Vermehrung führte dazu, dass die Gruppe auf 45 Tiere anwuchs, was das Gehege, insbesondere das Winterquartier, deutlich überlastete. Versuche, die Fortpflanzung durch Verhütungsmittel zu kontrollieren, scheiterten, da diese Maßnahmen die soziale Struktur der Gruppe störten. Weibchen wurden zwar für drei Jahre steril, doch dies führte zu einem Ungleichgewicht im Sozialgefüge, weshalb die Maßnahme eingestellt wurde. Auch die Suche nach anderen Zoos oder Auffangstationen, die die Tiere übernehmen könnten, blieb erfolglos. Angebote aus Ländern wie Großbritannien, Indien oder Österreich wurden geprüft, doch entweder waren die Haltungsbedingungen nicht ausreichend, oder es kam zu keiner Einigung. Selbst ein Angebot des Great Ape Project, die Paviane in ein anerkanntes Sanctuary in Wales zu übernehmen, wurde vom Zoo ohne detaillierte Begründung abgelehnt.

Die Entscheidung, die Tiere zu töten, wurde vom Tiergartendirektor Dag Encke als „vernünftig“ und „tierschutzgerecht“ verteidigt. Er argumentierte, dass die Überbelegung zu Stress, Konflikten und Bissverletzungen führe, was ein artgerechtes Leben unmöglich mache. Encke betonte, dass die Tötung die letzte Option sei, nachdem alle Alternativen ausgeschöpft wurden. Die getöteten Tiere sollten an andere Zootiere verfüttert oder zu Forschungszwecken verwendet werden, eine Praxis, die in Zoos bei Huftieren wie Ziegen oder Hirschen bereits üblich ist, bei Primaten jedoch eine neue Dimension erreicht. Diese Argumentation stieß bei Tierschützern auf scharfe Kritik. Organisationen wie Pro Wildlife, PETA und der Deutsche Tierschutzbund warfen dem Zoo Missmanagement vor und bezeichneten die geplante Tötung als Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, das die Tötung gesunder Tiere ohne vernünftigen Grund verbietet. Laura Zodrow von Pro Wildlife sprach von einer „Entsorgungsmentalität“ und kritisierte, dass der Zoo trotz bekannter Platzprobleme weiter gezüchtet habe, anstatt rechtzeitig Alternativen wie einen Zuchtstopp oder eine Gehegeerweiterung umzusetzen. Besonders empörend fanden Tierschützer, dass der Zoo Millionen in die Sanierung des Giraffenhauses investiert, um neue Tiere anzuschaffen, während die Paviane wegen Platzmangels sterben sollen.

Die Proteste gegen die Tötungspläne nahmen in den Wochen vor dem 29. Juli erheblich zu. Bereits am 20. Juli ketteten sich Aktivisten am Pavian-Gehege an, und am Wochenende vor der Schließung des Zoos fand eine Großdemonstration mit etwa 250 Teilnehmern statt. Am Dienstagmorgen, als der Tiergarten aus „betrieblichen Gründen“ geschlossen blieb, vermuteten Aktivisten, dass die Tötung unmittelbar bevorstehe. Eine Gruppe von etwa 20 Demonstranten protestierte zunächst friedlich vor dem Eingang, doch gegen Mittag drangen einige Aktivisten auf das Gelände ein, wurden jedoch kurz hinter dem Eingangstor von der Polizei festgenommen. Ihnen wird Hausfriedensbruch vorgeworfen. Zudem mussten einige Aktivisten, die sich festgeklebt hatten, von der Polizei gelöst werden. Elite-Polizisten des bayerischen Unterstützungskommandos (USK) sicherten das Gelände, um weitere Eskalationen zu verhindern. Die Tierschutzorganisation Animal Rebellion rief über soziale Medien zu weiteren Protesten auf und warnte vor einem „Dammbruch im Tierschutz“, sollte die Tötung von Primaten zur gängigen Praxis werden.

Die öffentliche Empörung war groß, und eine Petition gegen die Tötung sammelte über 21.000 Unterschriften. Tierschutzorganisationen wie Pro Wildlife und die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht forderten die Stadt Nürnberg und den Umweltausschuss auf, die Pläne zu stoppen und tierschutzgerechte Alternativen wie die Vermittlung der Tiere oder eine Umstrukturierung der Gruppe zu prüfen. Juristen prüfen zudem, ob das Veterinäramt eine Ordnungsverfügung erlassen könnte, um die Tötung zu verhindern. Kritiker wie Biologin Sandra Altherr von Pro Wildlife appellierten sogar an Ministerpräsident Markus Söder, politischen Druck auszuüben, um eine Lösung zu finden. Die Tötung der 12 Paviane wurde jedoch trotz der Proteste durchgeführt, was einen erheblichen Imageschaden für den Tiergarten Nürnberg und die Stadt mit sich brachte. Die Debatte über die ethischen und rechtlichen Grenzen des Populationsmanagements in Zoos ist damit keineswegs beendet, sondern wird voraussichtlich weiterhin die Öffentlichkeit und den Tierschutz beschäftigen.

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