Quellen: Agenturen und DB
Die Deutsche Bahn (DB) steht seit Jahren vor massiven Herausforderungen, die ihren Betrieb, ihre Pünktlichkeit und die Zufriedenheit der Fahrgäste erheblich beeinträchtigen. Die Probleme sind vielschichtig und reichen von maroder Infrastruktur über Personalmangel bis hin zu ineffizienten Managementstrukturen, weshalb die DB oft als Symbol für chronische Unzuverlässigkeit im deutschen Verkehrswesen gilt. Diese Krise hat nicht nur nationale, sondern auch internationale Aufmerksamkeit erregt, da sie sowohl Pendler als auch internationale Reisende betrifft und das Image Deutschlands als Land effizienter Infrastruktur beschädigt. Um die Probleme der Deutschen Bahn umfassend zu verstehen, müssen die Ursachen, Auswirkungen und Lösungsansätze genauer beleuchtet werden.
Ein zentrales Problem der Deutschen Bahn ist die marode Infrastruktur, die über Jahrzehnte hinweg vernachlässigt wurde. Viele Gleise, Weichen, Stellwerke und Oberleitungen stammen aus dem 19. oder frühen 20. Jahrhundert und sind stark veraltet. Dies führt zu häufigen Störungen, da die Anlagen oft nicht mehr den Anforderungen eines modernen, hochbelasteten Schienennetzes entsprechen. Laut Berichten sind etwa 4.000 Streckenkilometer so sanierungsbedürftig, dass ein kompletter Neubau erforderlich ist. Die Folgen sind Verspätungen, Zugausfälle und ein erhöhtes Risiko für technische Defekte.
Ein Beispiel ist die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, die 2024 für sechs Monate vollständig gesperrt wurde, um Schienen, Weichen und Oberleitungen zu erneuern. Obwohl diese Sanierung Fortschritte brachte, stiegen die Kosten auf über 1,5 Milliarden Euro, doppelt so viel wie ursprünglich geplant, was die Planungs- und Finanzierungsprobleme der DB verdeutlicht. Der Bundesrechnungshof kritisierte die mangelnde Wirtschaftlichkeit solcher Projekte und forderte eine bessere Kostenkontrolle. Die veraltete Infrastruktur führt zudem dazu, dass selbst neue Technologien, wie das europäische Zugsicherungssystem ETCS, nur langsam implementiert werden können, da bestehende Anlagen oft nicht kompatibel sind.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die extrem niedrige Pünktlichkeitsquote, die 2025 bei nur 62,5 Prozent im Fernverkehr liegt, ein historischer Tiefstand. Im Regionalverkehr sind die Werte zwar etwas besser, aber auch hier erreichen viele Züge ihr Ziel nicht rechtzeitig. In Deutschland gilt ein Zug als pünktlich, wenn er weniger als sechs Minuten Verspätung hat, eine Definition, die im internationalen Vergleich großzügig ist. In der Schweiz beispielsweise liegt die Pünktlichkeitsquote bei 92,5 Prozent, und verspätete Züge aus Deutschland werden in Basel oft gestoppt, um das Schweizer Netz nicht zu beeinträchtigen. Die geringe Pünktlichkeit führt zu erheblichem Frust bei den Fahrgästen, die häufig Anschlüsse verpassen oder auf Ersatzbusse angewiesen sind. 2024 zahlte die DB rund 200 Millionen Euro an Entschädigungen für Verspätungen, ein Anstieg von 70 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr. Besonders Großereignisse wie die Fußball-Europameisterschaft 2024 legten die Schwächen der DB offen, als internationale Fans massive Verspätungen und überfüllte Züge erlebten, was sogar Spott von ausländischen Medien und Bahnbetreibern wie dem Schweizer Bahnchef Vincent Ducrot auslöste.
Personalmangel ist ein weiterer wesentlicher Faktor, der die Probleme der DB verschärft. Lokführer, Fahrdienstleiter und Instandhalter sind hoch spezialisierte Berufe, und aufgrund von Krankenständen, Pensionierungen und Schwierigkeiten bei der Nachwuchsgewinnung fehlt es an qualifiziertem Personal. Dies führt zu unbesetzten Stellwerken, Zugausfällen und einer Überlastung der verbleibenden Mitarbeiter. Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert, solche Berufe als systemrelevant einzustufen, um die Attraktivität der Stellen zu erhöhen. Die DB hat zwar angekündigt, 2023 und 2024 jeweils im fünfstelligen Bereich neues Personal einzustellen, doch die Ausbildung dauert oft Jahre, was kurzfristige Lösungen erschwert. Hinzu kommen Streiks, etwa durch die Lokführergewerkschaft GDL, die den Betrieb regelmäßig lahmlegen und die ohnehin angespannte Lage verschlimmern.
Die Vielzahl an Baustellen, die für die notwendige Sanierung des Schienennetzes erforderlich sind, trägt ebenfalls zu den Problemen bei. Großprojekte wie die Generalsanierung der Strecke Berlin-Hamburg, die von August 2025 bis April 2026 gesperrt ist, oder Stuttgart 21, dessen Kosten von ursprünglich 4,5 Milliarden auf 11,3 Milliarden Euro gestiegen sind, führen zu massiven Einschränkungen. Umleitungen, Ersatzverkehr mit Bussen und längere Fahrzeiten sind die Folge, was die Planbarkeit für Fahrgäste erschwert. Kritiker bemängeln, dass die DB Baustellen oft schlecht koordiniert und Fahrpläne nicht realistisch anpasst, was zu zusätzlichen Verzögerungen führt. Der Bundesrechnungshof hat die DB aufgefordert, die Wirtschaftlichkeit ihrer Bauprojekte besser nachzuweisen, da die Kosten oft explodieren und die geplanten Verbesserungen nicht im erwarteten Maße eintreten.
Ein weiteres Problem ist die mangelnde Kommunikation mit den Fahrgästen. Häufig werden Verspätungen oder Ausfälle nicht rechtzeitig oder gar nicht erklärt, was das Vertrauen in die DB weiter untergräbt. Zwar gibt es automatische Messstellen, die Verspätungen erfassen, doch bei Störungen zwischen diesen Punkten müssen Mitarbeiter in Leitstellen manuell eingreifen, was bei großen Störungen oft verzögert geschieht. Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert, dass selbst einfache Durchsagen wie „Es gibt eine Störung, wir informieren Sie bald“ fehlen, was den Eindruck von Intransparenz oder Vertuschung verstärkt. Zudem sind alternative Reiseempfehlungen, etwa bei gesperrten Strecken, oft nicht ausreichend, da Mitarbeiter nicht immer über das gesamte Verkehrsnetz informiert sind.
Die Konzernstruktur der DB wird ebenfalls als problematisch angesehen. Die Aufteilung in verschiedene Tochtergesellschaften für Infrastruktur, Fernverkehr und Güterverkehr führt zu ineffizienten Abläufen, da die Abstimmung zwischen den Sparten oft mangelhaft ist. Der Schweizer Bahnchef Vincent Ducrot betonte, dass diese Struktur die Zusammenarbeit erschwert, da jede Sparte primär ihre eigenen Interessen verfolgt. Es gibt seit Jahren Diskussionen, die Infrastruktur vom Betrieb zu trennen, um mehr Wettbewerb auf der Schiene zu ermöglichen, doch diese Reformen kommen nur langsam voran. Die neue Bundesregierung unter Verkehrsminister Patrick Schnieder plant, die Entflechtung voranzutreiben, doch Experten sind skeptisch, ob dies kurzfristig Verbesserungen bringt.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es Ansätze zur Besserung. Die DB hat mit dem Programm „S3“ ein Sanierungskonzept gestartet, das bis 2027 die Pünktlichkeit auf 75 bis 80 Prozent steigern soll. Im ersten Halbjahr 2025 verbesserte sich das operative Ergebnis um fast eine Milliarde Euro, unter anderem durch den Verkauf der Logistiktochter DB Schenker und strikte Kostendisziplin. Investitionen in die Infrastruktur bleiben auf hohem Niveau, und die DB InfraGO hat 2025 mehr Bahnhöfe und Stellwerke modernisiert als geplant. Dennoch bleibt die Krise tiefgreifend, und Experten wie der Bundesrechnungshof warnen, dass Geld allein die Probleme nicht lösen wird. Eine umfassende Strukturreform, bessere Digitalisierung und eine langfristige Finanzierung sind notwendig, um die DB wieder zuverlässig zu machen.
Die Deutsche Bahn kämpft seit Jahren mit einer Kombination aus maroder Infrastruktur, Personalmangel, schlechter Pünktlichkeit, ineffizienter Kommunikation und einer komplexen Konzernstruktur. Diese Probleme sind das Ergebnis jahrzehntelanger Vernachlässigung und fehlender und falscher Investitionen, die sich nun rächen. Während Sanierungsprogramme wie die Generalsanierung und „S3“ erste Fortschritte zeigen, wird es noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, bis die DB ein Niveau erreicht, das mit Nachbarländern wie der Schweiz vergleichbar ist. Für Fahrgäste bedeutet dies weiterhin Geduld und Frustration, während die DB und die Politik vor der Herausforderung stehen, ein leistungsfähiges Schienennetz zu schaffen, das den Anforderungen einer modernen Gesellschaft gerecht wird.
