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Selenskyj: Massengrab in zurückeroberter ukrainischer Stadt Isjum entdeckt

Titelbild: Dieses Foto, das am 15. September 2022 in der Ostukraine aufgenommen wurde, zeigt eine zerstörte russische Flugabwehrpistole 2K22 Tunguska“ in Balakliya, das kürzlich von der ukrainischen Armee in einer Blitzoffensive von Russland zurückerobert wurde. (Foto: SERGEY BOBOK / AFP)

Kiew, Ukraine

Von Dmytro GORSHKOV

In der durch die ukrainische Armee zurückeroberten Stadt Isjum ist laut Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Massengrab gefunden worden. „Wir wollen, dass die Welt weiß, was die russische Besatzung angerichtet hat“, sagte Selenskyj am Donnerstagabend, ohne Details zur Anzahl der Leichen oder der Todesursache zu nennen. Die Ermittlungen hätten begonnen, am Freitag sollten erste Erkenntnisse vorliegen.

Präsidialamtschef Andrij Jermak warf den russischen Truppen Mord vor und veröffentlichte ein Foto von einem Waldgebiet mit grob gezimmerten Holzkreuzen. Alle in dem Massengrab gefundenen Leichen würden exhumiert und gerichtsmedizinisch untersucht, kündigte Jermak an. Weitere Informationen sollten am Freitag veröffentlicht werden.

Regionalpolizeichef Sergej Botwinow sprach gegenüber dem Sender Sky News von einer Grabstätte mit etwa 440 Leichen, die in Isjum entdeckt worden sei. Einige der Menschen seien durch Schüsse getötet worden, andere während Bombardierungen gestorben.

Selenskyj verglich Isjum mit den Städten Butscha und Mariupol, die zu Symbolen für die Gräuel der russischen Invasion der Ukraine geworden sind. „Russland hinterlässt überall den Tod“, sagte er. Die Welt müsse Moskau „wirklich für diesen Krieg zur Rechenschaft ziehen.“

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schloss derweil nicht aus, dass der russische Präsident Wladimir Putin künftig vor dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zur Verantwortung gezogen wird. Es stehe außer Zweifel, dass in der Ukraine schwerste Kriegsverbrechen begangen würden, sagte von der Leyen Bild TV. Einen Prozess gegen Putin vor dem IStGH halte sie „für möglich“.

Die Kommissionspräsidentin forderte die europäischen Staaten dazu auf, die militärische Hilfe an die Ukraine auszuweiten. „Wenn sie sagen, sie brauchen Kampfpanzer, dann sollten wir das ernst nehmen und sollten ihnen das liefern“, sagte sie Bild TV. Die Ukrainer hätten bewiesen, dass sie sich verteidigen könnten, wenn sie die „richtigen militärischen Mittel haben“.

Der stellvertretende Unionsfraktionsvize Johan Wadephul (CDU) kritisierte derweil die angekündigten neuen deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine als unzureichend. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) biete „statt Hilfe erneut nur Almosen an“, sagte er den Funke-Zeitungen. Lambrecht hatte am Donnerstag weitere Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt, die von der Ukraine dringend gewünschten Kampf- und Schützenpanzer sind aber nicht darunter.

Die US-Regierung kündigte weitere Militärhilfe für die Ukraine im Umfang von 600 Millionen Dollar (600 Millionen Euro) an. Das neueste Hilfspaket umfasst militärische Ausrüstung und Unterstützung sowie Ausbildung. Geliefert werden sollen nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums unter anderem 37.000 Schuss Artilleriemunition sowie vier Artillerie-Abwehrradaranlagen. Auch weitere Munition für die von den USA bereits gelieferten Himars-Raketenwerfersysteme werde bereitgestellt.

Gleichzeitig verkündete Washington Sanktionen gegen zahlreiche weitere russische Behördenvertreter und Unternehmen vor allem im Technologiebereich auf ihre Sanktionsliste. Betroffen sind unter anderem prorussische Beamte in besetzten Gebieten der Ukraine, aber auch eine im Ukraine-Krieg kämpfende russische Neonazi-Gruppe und Putins Kinderschutzbeauftragte Maria Alexejewna Lwowa-Belowa. Sie wird verdächtigt, die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland sowie Zwangsadoptionen zu beaufsichtigen.

Die US-Regierung verhängte zudem ein Verbot für den Export von Quantencomputer-Technologie sowie damit zusammenhängender Soft- und Hardware nach Russland und Belarus. Darüber hinaus wurden Sanktionen gegen die russische Raumfahrtindustrie sowie Computer- und Technologieunternehmen verhängt. Damit soll vor allem der Nachschub an Rüstungsgütern und die Modernisierung des russischen Militärs nach schweren Verlusten im Ukraine-Krieg behindert werden.

gt

© Agence France-Presse

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