Merz malte ein Bild einer bedrohten Freiheit, in der die Bürger eine wachsende Unsicherheit spürten, getrieben von globalen Störfaktoren wie einem aufkommenden Protektionismus, der sich gegen Freihandel und offene Märkte richte. Das deutsche Wirtschaftsmodell, so der Kanzler, stehe unter Druck, und die Koalition aus CDU, CSU und SPD habe den festen Willen, diesen Realitäten ins Auge zu blicken. „Wir werden unsere Freiheit bewahren, den Wohlstand mehren und neuen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ermöglichen“, versprach er, und appellierte direkt an die Bürgerinnen und Bürger, die schwarz-rote Regierung in diesem Reformmarathon zu unterstützen. Es war ein Appell, der nicht nur politische Unterstützung forderte, sondern eine Art gesellschaftlichen Pakt – ein Eingeständnis, dass die kommenden Maßnahmen schmerzhaft sein könnten, aber notwendig, um die Tragfähigkeit des Systems zu sichern. Der Herbst der Reformen, den Merz ausrief, sei längst eingeleitet, und er werde nahtlos in einen Winter, Frühling, Sommer und einen nächsten Herbst übergehen, in denen das Land zum Besseren verändert werde. Dieses Bild der kontinuierlichen Transformation sollte nicht nur die Koalition einen, die vor der Sommerpause noch um Streitigkeiten gerungen hatte, sondern auch die Öffentlichkeit auf eine Phase der Anpassung vorbereiten, in der Kompromisse und Opfer unausweichlich seien.
Im Kern der Rede stand die Forderung nach mutigen Reformen im Sozialbereich, die Merz als längst begonnenen Prozess darstellte. Besonders die Rentenreform rückte in den Fokus. Der Generationenvertrag müsse neu gedacht werden, argumentierte er, um die Nachhaltigkeit des Systems zu gewährleisten. Dies war kein isoliertes Thema, sondern Teil eines umfassenderen Umbaus des Sozialstaats, der Gerechtigkeit neu definieren sollte. Merz warb für einen „neuen Konsens der Gerechtigkeit“, in dem die Lasten fair verteilt würden, ohne dass der Sozialstaat in seiner Kernfunktion ausgehöhlt werde. Er sprach von der Notwendigkeit, das Bürgergeld zu reformieren, um zweistellige Milliarden einzusparen, und kündigte Veränderungen in der Kranken- und Pflegeversicherung an, bei denen Geld effizienter eingesetzt werden könne, ohne dass alles teurer würde.
Ein zentraler Pfeiler dieser tiefgreifenden Veränderungen war die Migrationspolitik, die Merz als erfolgreich korrigiert darstellte. Die Zahl der Asylbewerber sei von August 2024 bis August 2025 um 60 Prozent zurückgegangen, lobte er die Kurskorrektur, die mit verschärften Grenzkontrollen und einer neuen Außen- und Sicherheitspolitik einhergehe – Letztere sei zugleich Innenpolitik. Hier floss eine Verteidigung der Koalitionslinie ein, die Merz mit der Warnung vor Symbolpolitik verband, die Opposition ihm vorwerfe. Stattdessen betonte er die Notwendigkeit, deutsche Interessen in den Vordergrund zu stellen, ohne in Isolationismus abzugleiten. Die Wirtschaftsreformen, die er andeutete, zielten auf eine Stärkung des Freihandels ab, um dem Protektionismus entgegenzuwirken, und implizierten Anpassungen im Haushalt, der für 2025 zwar abgesichert war, aber für die Folgejahre ein Defizit von 172 Milliarden Euro aufwies. Merz‘ Rede war somit nicht nur eine Haushaltsverteidigung, sondern ein Manifest für eine resiliente Gesellschaft, in der Freiheit, Wohlstand und Zusammenhalt durch konsequente, aber gemeinschaftliche Anstrengungen gewahrt blieben.
Die Debatte selbst war ein Schauplatz hitziger Auseinandersetzungen, die Merz‘ Aufruf zur Einheit kontrastierten. AfD-Chefin Alice Weidel eröffnete mit scharfer Kritik und warf der Regierung vor, alle Wahlversprechen gebrochen zu haben – von der Abschaffung des Heizungsgesetzes bis hin zu Einsparungen beim Bürgergeld und einem faktischen Einreiseverbot. Sie attackierte die Fortsetzung der „grünen Energiepolitik“ als Narrenschiff, das Milliarden für NGOs, Entwicklungshilfe und EU-Zahlungen verschlinge, und warf Merz „Kriegstreiberei“ im Kontext des Ukraine-Konflikts vor. Die Grünen, vertreten durch Felix Banaszak und Katharina Dröge, warfen der Koalition Fehlinvestitionen und einen flexiblen Umgang mit der Wahrheit vor, während Dröge Merz‘ Gerechtigkeitsbegriff als Heuchelei zerlegte und an seine Zeit als Oppositionsführer erinnerte. Die Linke und Teile der SPD, die den Kanzler dennoch verteidigten, rügten AfD und Linke scharf, doch die Stimmung war von Ungeduld geprägt.
Merz‘ Auftritt in der Generaldebatte war ein strategischer Schachzug, der die Bürger nicht nur informierte, sondern emotional einband. Die tiefgreifenden Veränderungen, die er ankündigte, waren kein ferner Horizont, sondern eine unmittelbare Notwendigkeit, um Deutschland vor dem Verlust von Freiheit und Wohlstand zu bewahren. Ob Rentenreform, Sozialstaatsumbau oder Migrationswende – alles kulminierte in der Aufforderung, gemeinsam durch diesen Herbst der Reformen zu gehen, mit dem Versprechen, dass am Ende ein stärkeres, gerechteres Land stehe. Die Debatte endete mit namentlichen Abstimmungen über den Kanzleretat, doch die eigentliche Prüfung der Worte Merz‘ beginnt nun in den kommenden Monaten, wenn die Ankündigungen zu Taten werden müssen.
